Kontrollgesetz: Kompromiss in letzter Minute Lothar Klein, 26.01.2017 12:30 Uhr
In letzter Minute haben sich Union und SPD doch noch auf einen Kompromiss zum Selbstverwaltungsstärkungsgesetz zur strengeren Kontrolle von Ärzten, Krankenkassen und anderen Selbstverwaltungsgremien des Gesundheitswesens verständigt. Die SPD konnte im Gesundheitsausschuss in einigen Punkten Änderungen insbesondere zugunsten der Kassen durchsetzen. Damit ist der Weg für die Verabschiedung des Gesetzes auch im Bundestag frei.
Die SPD habe erreicht, „dass das Gesetz nun die Richtigen trifft, aber kein Generalangriff auf die Selbstverwaltung darstellt“, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis, zusammen mit Bärbel Bas, Berichterstatterin ihrer Fraktion, für das Selbstverwaltungsstärkungsgesetz. Demnach werden umstrittene Vorgaben für Mindestinhalte der Satzungen von Selbstverwaltungsinstitutionen gestrichen, um einen Eingriff in deren Satzungsautonomie zu verhindern.
Dabei sah die SPD-Fraktion offensichtlich Eingriffe in die Satzungsautonomie der Organisationen. Zudem soll es eine Klarstellung bei dem sogenannten „Staatskommissar light“ geben, der vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) in die Selbstverwaltungsorganisationen „bei Gefahr für die ordnungsgemäße Verwaltung“ entsandt werden kann. In Zukunft solle der „kleine Staatskommissar“, wie er auch genannt wird, „ausschließlich der Beratung und Unterstützung der jeweiligen Institution“ dienen, schreiben Mattheis und Bas. „Die Entscheidungen kommen weiterhin vom Vorstand, der dann auch haftet“, erläutert Bas. Mit dem Gesetz erreiche man „eine vollständige Transparenz und bessere Aufsicht über die Vorgänge in der KBV, ohne die gesamte Selbstverwaltung zu beschädigen“, sagt Mattheis.
Die verpflichtende Prüfung der Körperschaften durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ist auch vom Tisch. Die Prüfungen sollen weiterhin vom Bundesversicherungsamt (BVA) vorgenommen werden. Das BVA soll dazu mit mehr Personal ausgestattet werden. Und die geplante Beteiligung von Patientenorganisationen in den Gremien des Medizinischen Diensts des GKV-Spitzenverbands wird nicht im Gesetz selbst geregelt, sondern in einer nachfolgenden Verordnung.
„Die Selbstverwaltung ist eine tragende Säule in der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie ist absolut wichtig für die medizinische Versorgung. Die Selbstverwaltung stärken ist ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag. Deshalb haben wir die interne als auch die externe Kontrolle der Selbstverwaltungskörperschaften auf Bundesebene ausgebaut. Die Rahmenbedingungen werden im Sinne von Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen weiterentwickelt. Weiterhin wird die Rechtsaufsicht ausgebaut und die Abgrenzung zur Fachaufsicht klargestellt“, sagte Mattheis. Die Selbstverwaltung bleibe das prägende Strukturmerkmal der Sozialversicherung.
Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte das Gesetz als Reaktion auf undurchsichtige Geschäfte und interne Rangeleien der KBV auf den Weg gebracht. Es trifft aber auch andere Akteure im Gesundheitswesen: Ärzteschaft, Krankenkassen und Kliniken. Die Apotheker sind mit ihren berufsständischen Organisationen dagegen nicht betroffen. Ärzte und Kassen lehnen das Gesetz ab. CDU/CSU-Vize Georg Nüßlein machte deutlich, dass eine Regelung noch für die Neuwahl des KBV-Vorstandes in den kommenden Monaten wirken soll.
Die KBV war wegen überhöhter Zahlungen an Ruheständler und dubiosen Immobilienfinanzierungen monatelang in den Schlagzeilen. Die Organisation regelt die Belange von Deutschlands Kassenärzten. Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass das Gesundheitsministerium als Aufsichtsinstanz mehr Durchgriffsrechte auf die gesamte Selbstverwaltung von Ärzten, Krankenkassen und Krankenhäusern bekommt.