Selbstverwaltung

Gröhe lässt Kassenärzte sitzen

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Berlin -

Eigentlich wollte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) heute mit den Kassenärzten über gesundheitspolitische Weichenstellungen nach der Bundestagswahl diskutieren. Angeblich aus Termingründen sagte Gröhe die Veranstaltung kurzfristig ab. Stattdessen verabschiedete heute das Kabinett wie geplant als Reaktion auf die KBV-Skandale ihr Gesetz zur schärferen Kontrolle der Spitzenorganisationen im Gesundheitswesen.

Wenig begeistert dürfte Gröhe nämlich über den öffentlich ausgetragenen Streit seiner beiden Gesprächspartner gewesen sein. Die beiden Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen und Dr. Regina Feldmann, erhoben in Interviews gegenseitig schwere Vorwürfe. Ein konstruktiver Dialog mit den beiden KBV-Chefs schien Gröhe da wohl nicht mehr angezeigt.

Damit reagiert Gröhe auf die Unregelmäßigkeiten bei der KBV. Der Verband war wegen überhöhter Zahlungen an Ruheständler und dubioser Immobilienfinanzierungen monatelang in den Schlagzeilen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Ministerium als Aufsichtsinstanz mehr Durchgriffsrechte auf die gesamte Selbstverwaltung von Ärzten, Apothekern, Krankenkassen und Krankenhäusern bekommt.

Dazu erklärte Gröhe: „Die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen hat eine Vielzahl von verantwortungsvollen Aufgaben zu erfüllen, um eine gute Gesundheitsversorgung für die Patientinnen und Patienten sicherzustellen. Mit dem heute beschlossenen Gesetzentwurf sorgen wir dafür, dass die Spitzenorganisationen der Selbstverwaltung künftig noch besser ihrer großen Verantwortung nachkommen können und vor Selbstblockaden geschützt sind. Das umfasst beispielsweise schlüssige Vorgaben für das Aufsichtsverfahren, klare Vorgaben für die Haushalts- und Vermögensverwaltung sowie eine Stärkung der internen Transparenzpflichten und Kontrollmechanismen.“

Der Gesetzentwurf stärkt die Kontrollrechte der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane. Deshalb werden die Einsichts- und Prüfrechte der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane auch als Minderheitenrechte ausgestaltet und die Berichtspflichten des Vorstands gegenüber den Selbstverwaltungsorganen gesetzlich verankert. Es werden Regelungen zu Abwahlmöglichkeiten der oder des (stellvertretenden) Vorsitzenden der Selbstverwaltungsorgane aufgenommen.

Zudem wird die Transparenz im Verwaltungshandeln erhöht. Dies betrifft zunächst die Erweiterung der Prüfungs- und Mitteilungspflichten in Bezug auf Beteiligungen an und die Gründung von Einrichtungen. Auch soll eine regelmäßige externe Prüfung der Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung anstelle der bisherigen Prüfung durch das Bundesministerium für Gesundheit oder das Bundesversicherungsamt etabliert werden.

Schließlich ist eine Verpflichtung zur Einrichtung interner Kontrollmechanismen vorgesehen, insbesondere eine Innenrevision, die festgestellte Verstöße auch an die Aufsichtsbehörde zu berichten hat. Es wird die Möglichkeit geschaffen, in besonders schweren Fällen einen Staatskommissar in die Selbstverwaltung zu schicken.

Spezielle für die KBV werden neuen Regeln für den Vorstand eingeführt. Es muss künftig einen Vorstand mit drei Mitgliedern geben, dessen Vorsitzender mit einer qualifizierten Mehrheit gewählt werden muss. Nur für den Fall, dass in den beiden ersten Wahlgängen keine qualifizierte Mehrheit zu Stande kommt, soll erst im dritten Wahlgang die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreichend sein. Eines der drei Mitglieder des Vorstands darf weder dem hausärztlichen noch dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören. Damit soll die Breite der ärztlichen Tätigkeiten besser abgebildet werden. Die Regelungen sollen 2017 in Kraft treten.

Zuletzt hatte sich die beiden aktuellen KBV-Vorsitzenden in Interviews gegenseitig schwer beschuldigt. Feldmann forderte den gesamten KBV-Vorstand zum Rücktritt auf, um den Weg für einen Neuanfang frei zu machen. In der Vergangenheit seien in der KBV einige Rechtsverstöße passiert. Während sich die einen für eine komplette Aufklärung stark machten, gebe es andere, „die die Dinge gerne unter den Tisch kehren wollen, um den schönen Schein nach außen zu wahren“. Hintergrund sind angeblich von Gassen ohne Absprache vergebene Aufträge an eine Politikberatung.

KBV-Chef Gassen machte daraufhin seine Vorstandskollegin Feldmann dafür verantwortlich, dass in den vergangenen beiden Jahren rund 150 Millionen Euro nicht an die Hausärzte ausgezahlt worden seien. Er gehe davon aus, dass dieses Geld verfallen sei und nicht mehr ausgezahlt werden könne.

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