Selbsttötung

Lauterbach: Positionspapier pro Sterbehilfe

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Karlsruhe/Berlin -

Eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten von Union und SPD macht sich für

eine gesetzliche Zulassung von Sterbehilfe durch Ärzte stark. „Wir

halten es für ein Gebot der Menschenwürde, leidenden Menschen an ihrem

Lebensende zu helfen“, heißt es in einem Positionspapier, das in Berlin

vorgestellt werden soll und der Passauer Neuen Presse vorab vorlag.

Die Abgeordneten, darunter Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU), die SPD-Politiker Professor Dr. Karl Lauterbach und Dr. Carola Reimann sowie die CSU-Abgeordnete Dagmar Wöhrl, plädieren für eine zivilrechtliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch, um Rechtssicherheit zu schaffen. Sie wollen organisierte Sterbehilfe verbieten, das Selbstbestimmungsrecht todkranker Menschen aber stärken.

Sie formulierten sieben Voraussetzungen für eine ärztlich assistierte Selbsttötung: Der Sterbende müsse volljährig und voll einsichtsfähig sein. Es müsse sich um eine unheilbare Krankheit handeln, die unumkehrbar zum Tode führe. Der Patient müsse zudem erkennbar extrem leiden und umfassend über andere, insbesondere palliative Behandlungsmöglichkeiten beraten worden sein. Die ärztliche Diagnose müsse von einem zweiten Arzt bestätigt werden (Vier-Augen-Prinzip). Die Handlung müsse durch den Patienten selbst erfolgen, heißt es in dem Eckpunktepapier.

Die Gruppe habe auf eine ausformulierte Gesetzesvorlage verzichtet, um in den kommenden Monaten die Diskussion auch mit Abgeordneten der Oppositionsfraktionen offen zu halten, hieß es. Lauterbach, von Beruf Arzt, kritisierte, dass das Thema Sterbehilfe in den Ärztekammern nicht angemessen diskutiert werde.

Bisher ist Beihilfe zum Suizid, etwa die Bereitstellung eines Mittels zur Selbsttötung, das der Patient selbst schluckt, nicht strafbar. Allerdings hat sich die Ärzteschaft in ihrem Berufsrecht ein Verbot auferlegt, solche Hilfestellung zu leisten. Bei aktiver Sterbehilfe, also der Tötung eines Menschen auf dessen Wunsch, drohen Haftstrafen.

Passive Sterbehilfe, also der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen im Krankenhaus, ist wiederum erlaubt. „Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn Patienten einerseits das Recht haben, dass ihre medizinische Behandlung auch gegen ärztlichen Rat auf Wunsch jederzeit abgebrochen werden kann, ihnen andererseits aber eine ärztliche Hilfe bei der selbstvollzogenen Lebensbeendigung vorenthalten würde“, schreiben die Abgeordneten.

Sie vertreten damit eine andere Position als Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der sich gegen ärztlich begleitete Selbsttötung ebenso wie gegen jedwede organisierte Sterbehilfe ausgesprochen hat. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, sagte Wöhrl der Zeitung. „Daraus leiten wir ab, dass wir ein selbstbestimmtes Leben führen können müssen. Daraus muss sich aber auch ableiten lassen, dass man selbstbestimmt sterben darf.“

Reimann sagte, es gehe nicht um eine Legalisierung aktiver Sterbehilfe. „Tötung auf Verlangen will keiner.“ Ziel sei vielmehr Rechtssicherheit und Klarheit für Ärzte und Patienten. Der Vorschlag reiht sich ein in die aktuelle gesellschaftliche Debatte über Sterbehilfe.

Der Bundestag will 2015 einen neuen Anlauf für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe unternehmen, nachdem ein solcher Vorstoß in der schwarz-gelben Koalition gescheitert war. Am 13. November soll der Bundestag erstmals über eine mögliche Neuregelung der gesetzlichen Regelungen zur Sterbehilfe beraten.

In Karlsruhe muss parallel der mutmaßliche Sterbewunsch einer todkranken Komapatientin nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) neu geprüft werden. Ihre Familie will die künstliche Ernährung einstellen lassen und ist der Auffassung, damit den Willen der Frau umzusetzen. Sie berufen sich vor allem auf frühere Äußerungen ihrer Angehörigen. Doch das reichte dem Landgericht Chemnitz nicht aus.

Die schwerkranke Sächsin hatte 2009 einen Schlaganfall erlitten und war ins Wachkoma gefallen. Eine Kontaktaufnahme mit ihr ist nicht möglich. Die Ärzte schätzen die Chancen selbst für eine geringe Verbesserung ihres gesundheitlichen Zustandes als „nicht realistisch“ ein.

Die Schwerkranke hatte keine schriftliche Patientenverfügung hinterlassen. In der aktuellen politischen Diskussion über Sterbehilfe geht es jedoch in erster Linie um den Umgang mit einer klaren Willensäußerung eines Todkranken, sterben zu wollen. Mangels dieser Willensäußerung musste das Landgericht im konkreten Fall den sogenannten mutmaßlichen Willen der Frau erforschen.

Das Gesetz gibt für dessen Ermittlung aber nur Anhaltspunkte. Insbesondere frühere Äußerungen, religiöse Überzeugungen und Wertvorstellungen des Betroffenen spielen dabei eine Rolle. Die Bundesrichter befanden in ihrem Beschluss, dass das Landgericht hier zu hohe Anforderungen an die Ermittlung des mutmaßlichen Patientenwillens gestellt habe. Die Richter am Landgericht müssen den Fall neu prüfen.

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