Steuerhinterziehung wird künftig schärfer bestraft. Der Bundesgerichtshof (BGH) legt in einem jetzt veröffentlichten Urteil von Ende Oktober eine strafschärfende Wertgrenze fest. Demnach liegt eine Straftat bereits bei einem Steuerschaden von 50.000 Euro vor. Das Urteil betrifft auch Erben und Selbstanzeiger.
Das Landgericht Mannheim hat einen Pizzeria-Inhaber wegen Steuerhinterziehung in 19 Fällen zu einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der Angeklagte wurde beschuldigt, jahrelang falsche Angaben bei der Steuererklärung gemacht zu haben. Zudem löschte er einen Teil der Umsätze in den Registrierkassen vor Ausdruck des Bons und rechnete vereinzelt Einkäufe mit Lieferanten bar ab.
Der BGH ging in diesem Fall davon aus, dass die Schwelle der Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ bereits dann überschritten sei, wenn der Steuerpflichtige dem Fiskus steuerlich relevante Tatsachen verschweigt und den Steueranspruch damit in Höhe von mehr als 50.000 Euro gefährdet. Zuvor lag die Wertgrenze bei 100.000 Euro.
Die Richter hoffen, dass eine einheitliche Wertgrenze mehr Rechtssicherheit mit sich bringen wird, weil zwischen den einzelnen Fällen der Finanzvergehen nicht mehr unterschieden wird. Es spielt also keine Rolle mehr, ob Umsätze verschwiegen, Buchhaltungen manipuliert oder Betriebsausgaben vorgetäuscht werden. In Zukunft werden alle Taten addiert. Von einer „Tatmehrheit“ spricht man, „wenn die abgegebenen Steuererklärungen verschiedene Steuerarten, verschiedene Besteuerungszeiträume oder verschiedene Steuerpflichtige betreffen“. So kommt man schnell auf die Summe von 50.000 Euro.
Betroffen von der neuen Rechtsprechung sind auch Erben: Übernehmen sie einen Betrieb von der Verwandtschaft mit dem Wissen, dass in der Vergangenheit Steuern hinterzogen worden sind und teilen dem Finanzamt dies nicht mit, begehen sie selbst eine Straftat. Eine Anklage wegen Steuerhinterziehung wäre dann die Folge.
Das Urteil tangiert auch Selbstanzeiger. Diese können einer Strafverfolgung aus dem Weg gehen, wenn sie sich vor dem Ermittlungsbeginn der Finanzbehörde oder vor der Ankündigung einer Betriebsprüfung selbst anzeigen. Ab einem hinterzogenen Betrag von 25.000 Euro wird zusätzlich zu Steuernachzahlung und Zinsen ein gestaffeltes Strafgeld erhoben. Mit dem Zusammenrechnen der Einzeltaten wird diese Schwelle nunmehr schneller erreicht – die Selbstanzeige wird also teurer.
Der Griff in die Kasse des Staates ist gefährlich: In der Regel droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in schweren Fällen sogar zehn Jahre. Eine Verschärfung des Steuerstrafrechts ist nicht verwunderlich: Steuermehreinnahmen in Folge von Ermittlungen der Steuerfahndung betragen jährlich mehrere Milliarden Euro.
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