Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich hinter die Bemühungen der Unionsfraktion gestellt, die Affäre um Korruption und Lobbyismus von Bundestagsabgeordneten aufzuklären. Die Kanzlerin stehe ganz hinter der Haltung der Fraktionsführung, „Sachverhalte aufzuklären und wo nötig auch entschieden Konsequenzen zu ziehen”, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin.
Auf die Frage, ob die Vorgänge in der Unionsfraktion das Ansehen und die Handlungsmöglichkeit der Regierung beschädige, ergänzte er: „Die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung ist davon nicht betroffen.” Es gehe im Wesentlichen um Vorgänge auf parlamentarischer Ebene, dort würden diese jetzt geklärt. Die Bundesregierung handle in der Pandemie im Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Jeder, der in der Politik an verantwortlicher Stelle arbeite, müsse darauf achten, dass er „unserem System der parlamentarischen Demokratie und seinen ethischen Grundsätzen Genüge tun”.
Nach Korruptions- und Lobbyismus-Vorwürfen haben bislang drei Abgeordnete die Unionsfraktion verlassen, zwei von ihnen legten ihr Mandat nieder. Wegen der Vorgänge um die Abgeordneten Georg Nüßlein (bisher CSU) und Nikolas Löbel (bisher CDU) hatte die Fraktionsspitze die 245 Abgeordneten aufgefordert, bis 18.00 Uhr am heutigen Freitagabend zu erklären, dass sie keine finanziellen Vorteile im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie erzielt hätten – weder direkt noch über Gesellschaften. Der Thüringer CDU-Politiker Mark Hauptmann hatte Lobbyismus-Vorwürfe im Zusammenhang mit dem autoritär regierten Aserbaidschan am Donnerstag zwar zurückgewiesen, sein Mandat aber dennoch niedergelegt.
Gegen Nüßlein wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Löbel hat eingeräumt, dass seine Firma Provisionen von rund 250.000 Euro für das Vermitteln von Kaufverträgen für Corona-Schutzmasken erhalten hatte. Die Staatsanwaltschaft prüft bei ihm, ob ein hinreichender Anfangsverdacht zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegeben ist. Beide Politiker haben ihre jeweilige Partei verlassen, Löbel hat sein Mandat niedergelegt. Nüßlein will im Herbst nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Die Vorwürfe kommen der Union vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz an diesem Sonntag denkbar ungelegen.
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