Barrierefreiheit

Sehbehinderte kritisieren AMG-Novelle Isaac Bah, 20.01.2012 09:28 Uhr

Berlin - 

Mit der AMG-Novelle sollen Arzneimittel besser gekennzeichnet werden – gegen Fälschungen und für mehr Sicherheit. Die geplanten Änderungen nutzen aber offenbar nicht allen Bürgern: Der Deutsche Verband der Blinden- und Sehbehinderten (DBSV) befürchtet, dass die Belange seiner Mitglieder auf der Strecke bleiben. Zu viele der Maßnahmen vernachlässigten die speziellen Bedürfnisse der rund 650.000 Sehbehinderten in Deutschland.

 

Ein Beispiel für die gut gemeinten, aber im Sinne des DBSV schlecht umgesetzten Sicherheitskennzeichen ist das schwarze Symbol: Nach dem Vorbild der sogenannten Boxed Warnings aus den USA , soll das zusätzliche Signet künftig auf Arzneimittel hinweisen, die einer speziellen Überwachung unterliegen. Der DBSV fragt sich, inwiefern dieses Symbol auch in Formate übertragen wird, die für Blinde und Sehbehinderte verständlich sind.

Die Skepsis speist sich aus den bisherigen Erfahrungen: Eigentlich sollten Sehbehinderte bereits seit 2010 im Internet alle Gebrauchsinformationen in verschiedenen für sie zugänglichen Formaten beziehen können. Doch an dieser Stelle herrscht nach Ansicht des DBSV noch Nachbesserungsbedarf: Die Kooperation mit den Pharmaunternehmen verläuft demnach schleppend.

 

 

Schuld daran sind laut DBSV häufig falsche Dateiformate auf Seiten der Hersteller, die einer automatischen Konvertierung in barrierefreie Dokumente im Weg stehen. Der Verband fordert nun eine verbindliche Frist bis Ende 2013. Ab diesem Zeitpunkt sollen die Firmen ihre Gebrauchsinformationen in allen geforderten Formaten vorgelegt haben.

Raum für Nachbesserungen sieht der Verband auch bei der Beschriftung von kleinen Abpackungen, beispielsweise Augentropfen. Unterhalb bestimmter Mengen ist bislang keine Blindenschrift nötig, etwa für Abpackungen mit weniger als 20 Gramm oder 20 Millilitern Inhalt.

Der DBSV sieht darin ein erhöhtes Risiko für sehbehinderte Patienten, die häufig beispielsweise Augen- oder Ohrentropfen verwendeten. Die Verwechslungsgefahr sei in diesem Fall beträchtlich. Als mögliche Lösung empfiehlt der Verband daher die Vergrößerung der Packungsgrößen. Augentropfen sollten etwa nicht mehr in 3er-, sondern in 4er-Einheiten angeboten werden. Auf diese Art werde eine Beschriftung in Punktschrift möglich.