Schulleiter: Kassen sollen PTA-Ausbildung zahlen Lilith Teusch, 30.05.2024 10:15 Uhr
Apotheken sollen künftig auch durch PTA alleine geführt werden können, so sehen es die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) vor. Die Ausbildung sei leichter skalierbar als das Pharmaziestudium, erklärte Abteilungsleiter Thomas Müller in der vergangenen Woche. Allerdings enthält die Apothekenreform dazu überhaupt keine Regelungen. Wie fundiert ist die Argumentation also – und welche Voraussetzungen bräuchte es?
Rund 7480 Auszubildende zählte das Statistische Bundesamt im Schuljahr 2022/2023 in Deutschland in der PTA-Ausbildung. Zwei Jahre zuvor waren es noch insgesamt 7520, immerhin rund 40 Schüler mehr. Pharmaziestudenten gab es alleine im Wintersemester 2022/2023 gut 16.060. Auch hier ist die Zahl rückläufig, zwei Jahre zuvor waren es noch rund 16.300 Studenten.
Beim Vergleich der Zahlen ist zu beachten, dass beim Studium doppelt so viele Jahrgänge berücksichtigt sind. In der Regel braucht man 2,5 Jahre, um die PTA-Ausbildung zu vollenden. Durch das PTA-Reformgesetz, das Anfang 2023 in Kraft trat, schließen Auszubildende etwas später ab. Die Regelstudienzeit beim Pharmaziestudium beträgt dagegen acht Semester, das sind vier Jahre reines Studium, plus praktisches Jahr im Anschluss.
Betrachtet man also die Auszubildenden im ersten Ausbildungsjahr und vergleicht die Anzahl mit den Pharmaziestudierenden, haben die PTA-Schulen die Nase vorn: Insgesamt rund 3720 Auszubildende haben im Schuljahr 2022/2023 mit der Berufsschulausbildung begonnen. Erstsemester im Fach Pharmazie gab es im Wintersemester 2022/2023 dagegen 1870. Wenn man das im Regelfall im bewerbungsschwächere Sommersemester hinzuaddiert, kommt insgesamt auf rund 2670 Köpfe.
Nachfrage schaffen
Um eine Ausbildung zu skalieren, müssen nicht nur die Kapazitäten da sein, auch der Nachwuchs muss die Ausbildung nachfragen. Die Pharmaziestudienplätze sind jedes Jahr heiß begehrt: Im Wintersemester 2022/2023 haben sich rund 6840 Bewerber auf die 1868 Plätze beworben. In den letzten drei Jahren kamen zwischen drei und vier Bewerber auf jeden Studienanfänger. Dagegen klagen viele PTA-Schulen darüber, nicht ausreichend Bewerberinnen und Bewerber zu finden.
„Das Lehrpersonal hätten wir, wir müssen aber auch die Schüler bekommen“, so Burkhard Pölzing, Schulleiter und Vorstandsvorsitzender der Völker-Schule in Osnabrück. „Skalieren kann man nur, wenn auch die Nachfrage da ist.“ Dazu müssten die Rahmenbedingungen der Ausbildung aber verbessert werden.
Ausbildungsfonds für PTA
Pölzing sieht besonders in zwei Bereichen Handlungsbedarf: „Wir brauchen einen Ausbildungsfonds für eine gerechte Ausbildungsvergütung, analog zur Pflegeausbildung“, erklärt er. Die Mittel dazu sollen aus einem Topf kommen, in den auch der Bund und die GKV einzahlen müssen.
Er kritisiert außerdem, dass die Auszubilden, wenn sie die Berufsausbildung in Teilzeit leisten, kein Anrecht auf BAföG haben. Das sei eine reine Formsache. „Hätte der Gesetzgeber statt von einer Teilzeitausbildung von gestreckter Vollzeit gesprochen, hätten die Auszubildenden ein Anrecht auf BAföG.“
Mehr Öffentlichkeitsarbeit
Als zweite wichtige Säule sieht der Schulleiter die Öffentlichkeitsarbeit. Apotheken sollten mit Schulen zusammenarbeiten, um den Schülern den Betrieb näherzubringen, schlägt Pölzing vor. Schließlich hätten gerade junge Leute in ihrem Alltag meist wenig mit Apotheken zu tun. Die Apotheke als Arbeitsplatz in die Öffentlichkeit zu tragen, sollte in der Verantwortung der Betriebe und Schulen liegen. Auch die Abda sieht er hier in der Pflicht.
„Wir haben eigens eine Angestellte nur für den Bereich der Öffentlichkeitsarbeit“, erklärt Pölzing. Und offenbar macht sich das auch bezahlt: Im nächsten Jahr wird es statt sechs sieben PTA-Klassen an der Schule geben.
Möglichkeit zum Aufstieg
Von Apotheken ohne Präsenzapotheker hält der Schulleiter nichts. „PTA ist kein Apotheker, sondern ein eigenes Berufsbild“, sagt Pölzing. Es würde Risiken bergen, PTA praktisch synonym als Apotheker einzusetzen. Stattdessen sollte es für PTA optionale Zusatzausbildungen geben, bevor sie Aufgaben in den Apotheken übernehmen sollen, die gar nicht Teil der Ausbildung sind – und zwar neben dem Berufsleben.
„Es gehört zu einem modernen Beruf dazu, berufsbegleitende Zusatzausbildungen und damit Aufstiegsmöglichkeiten zu schaffen.“ Dazu bräuchte man auch das BMG mit im Boot.