Apothekenhonorar

Schotten dicht in Brandenburg Friederike Heinze, 26.09.2012 15:16 Uhr

Berlin - 

Langsam läuft ein älterer Mann an der Land-Apotheke in Leegebruch vorbei. Stirnrunzelnd liest er das Schild des Aufstellers, auf dem „Es reicht!“ steht. Dann blickt er auf und schaut der Apothekerin Christiane Patzeld dabei zu, wie sie das Rollgitter herunterfahren lässt. Dann geht er weiter.

Das Bild wiederholt sich einige Male. Passanten bleiben stehen und lesen die Plakate. Oft hört man: „Ach, die Apotheken streiken heute?“. Patzeld befestigt zusammen mit ihren beiden Mitarbeiterinnen ein Plakat am Gitter. Seit Montag habe sie den Warnstreik bei ihren Kunden angekündigt. Viele Patienten seien erst verdutzt gewesen, als sie von der Aktion hörten, erzählt eine Angestellte. Die Mehrzahl der Kunden habe aber mit Verständnis reagiert, nachdem ihnen die Lage der Apotheker erklärt worden sei. „Sie haben uns gut zugesprochen“, so die Angestellte.

In Patzelds Offizin liegen Handzettel und auch eine Unterschriftenliste aus. „Bislang sind 432 Unterschriften zusammen gekommen“, so die Apothekerin. Als bekannt geworden sei, dass der Apothekerverband zu Warnstreiks aufrufe, habe sie sofort ihre Fenster mit Absperrbändern und Plakaten beklebt, berichtet sie.

„Wir wollen die Arbeit, die wir machen, auch bezahlt bekommen“, sagt sie weiter. „Ich habe Kinder. Wir Apotheker können von diesem Hungerlohn kaum leben.“ So sieht es auch Hannelore Schubert von der Eichen-Apotheke schräg gegenüber. Ihre Automatiktür wird heute auch für den Rest des Tages geschlossen bleiben.

 

In den umliegenden Ortschaften wie Velten oder Hennigsdorf beteiligen sich alle Apotheken am Warnstreik. Seit 12 Uhr haben sie ihre Türen geschlossen. Nur in der Vitalis-Apotheke in Velten werden jetzt noch Medikamente abgegeben. „Wir sind heute sowieso mit dem Notdienst dran. Nun machen wir ihn halt schon ab 12 Uhr“, erzählt Inhaber Wolfgang Rose.

Unterdessen kommt eine Patientin an die Notdienstklappe und fragt: „Machen Sie heute gar nichts?“. „Nur, wenn es ein Notfall ist“, antwortet ihr Rose. Nachdem er sie bedient hat, wünscht sie: „Alles Gute!“. So reagierten viele der Kunden, erzählt Rose. In den vergangenen Tagen habe er immer wieder Flyer ausgeteilt, um über die Aktion zu informieren. Die Situation der Apotheker sei nicht unkritisch, sagt er: „Es geht uns ja schon länger nicht gut.“ Den Apothekern in Velten sei klar gewesen, dass jetzt alle zusammen an der Aktion teilnehmen müssten.

Auch in Königs Wusterhausen und Brandenburg an der Havel haben sich die meisten Apotheker für einen Streik entschieden. Dem Apothekerverband zufolge nehmen in ganz Brandenburg bis zu 90 Prozent der Apotheken am Warnstreik teil.

„Fast alle Apotheken machen mit“, berichtet Bernhard Doege von der Nord-Apotheke in Brandenburg. Er selbst ist zwiegespalten, was den Streik angeht. Seit 40 Jahren sei er in dem Beruf und noch nie habe er gestreikt. „Aber wir sind von der Politik sehr tief getroffen, dass wir so weit gehen müssen“, sagt er.