CDU-Kandidatenrennen

Schnaps für Apotheker, Vorsitz für Spahn

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Berlin -

Im Rennen um den CDU-Parteivorsitz ringen drei Kandidaten um die Schlagzeilen in den Medien. Wer dort dominiert, beeinflusst die Stimmung auf den Regionalkonferenzen. Nach zehnjähriger Abstinenz von der Politik garantiert der Mythos Friedrich Merz alleine schon Aufmerksamkeit für seine Kandidatur. Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ist in der CDU aufgrund ihres Amtes besser vernetzt als ihre Konkurrenten. Und Jens Spahn versucht, seine Arbeit als Gesundheitsminister als Modell für die Erneuerung der CDU zu präsentieren. Dass er dabei ausgerechnet einen Vorschlag aus der Mottenkiste der Sozialpolitik aufwärmt, ist allerdings ein bemerkenswerter Anachronismus, kommentiert Lothar Klein.

Beinahe jeden Tag präsentiert Spahn einen neuen oder aufgewärmten Vorschlag: E-Rezept, Biosimilars, AMG-Novelle als Antwort auf Valsartan und Lunapharm. Und vermutlich werden auch die Apotheker und Spahns Nein zum Rx-Versandverbot noch irgendwie in seine Bewerbungsstrategie eingepasst. Alles wird instrumentalisiert. Schon morgen soll es die nächste Ankündigung geben. Die Schlagzeilen müssen den Patienten gefallen. Vielleicht gibt es für die Apotheker eine kleine Aufwertung – oder einen Schnaps obendrauf.

Auch die Idee, Kinderlose höherer Beiträge in die Sozialkassen zahlen zu lassen. Dabei ist der Vorschlag älter als die politische Karriere von Spahn – und wurde aus guten Gründen häufiger verworfen als sie immer wieder Auferstehung feierte. Dass ausgerechnet Spahn damit Schlagzeilen produzieren und seinen Erneuerungswillen unterstreichen will, ist schon bemerkenswert. In seiner Kampagne präsentiert sich Spahn als Politiker, der offen und vorbehaltlos diskutieren und bei der Suche nach Lösungen Argumenten den Vorzug vor Vorurteilen geben will.

In dieses Schema passt Spahn Idee keineswegs: Nur auf den ersten Blick lässt sich in höheren Beiträgen für Kinderlose ein sozialer Ausgleich entdecken. Umsetzen lässt sich dieser nicht. Die Idee basiert auf der Annahme, dass Kinder später selbst Beiträge zahlen und somit tragende Säulen des umlagefinanzierten Sozialstaats werden. Dafür aber gibt es keinen Garantie: Will Spahn tatsächlich nach dem Tod eines Kindes den trauernden Eltern einen Bescheid über Zahlungspflicht von höheren Beiträgen schicken?

Was geschieht mit den niedrigeren Beiträgen von Eltern, deren Kinder als Erwachsene auswandern oder Beamte werden. Wer will die Nachforderungen eintreiben? Und was ist mit Kindern, die später eine politische Karriere einschlagen, in den Bundestag einziehen, wie Spahn Bundesgesundheitsminister werden und nicht in die Rentenkasse einzahlen? Die Ruhegelder für Politiker zahlt der Steuerzahler. Das alles weiß Spahn nur allzu gut. Mehr noch: Mit dem in diesem Vorschlag steckenden Populismus widerspricht Spahn seinen selbst gesteckten Ansprüchen an politische Arbeit. Mit Populismus erobert man nicht den CDU-Vorsitz. Spahn sollte den Idee rasch wieder in die Mottenkiste packen.

Dabei wäre Spahn für die Nachfolge Angela Merkels im CDU-Vorsitz das spannenste Experiment der drei Kandidaten. Spahn wäre der jüngste CDU-Parteichef aller Zeiten, er ist konservativ und modern zugleich. Und – nicht ganz unwichtig – Spahn pflegt gute Kontakte zu den Grünen, die nach Lage der Dinge der nächste Koalitionspartner der Union auf Bundesebene sein werden. Trotzdem wird Spahn vermutlich mit seiner Kandidatur erfolglos bleiben. Wie Spahn fischt wie Merz im konservativen CDU-Lager und vor allem auf dem Wirtschaftsflügel. Die Regionalkonferenzen werden zeigen, wie groß die Sympathien der CDU-Basis für den einstigen politischen Shootingstar noch sind.

Am Ende aber wählen die 1001 Delegierten. Und diese sind alle bereits vor dem Ablauf der Merkel-Ära gewählt. Es sind die Anhänger und Mitläufer der Merkel CDU, die den Aufbruch in die Zukunft wählen müssen. Vieles spricht daher dafür, dass sich die CDU-Funktionärsriege am Ende für das geringste Risiko entscheidet – für Kramp-Karrenbauer. So hat Merkel 13 Jahre lang regiert. Keine Experimente wagen, war immer schon der Slogan der CDU.

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