Beim Thema Digitalisierung will die ABDA jetzt aufs Tempo drücken und beim elektronischen Rezept in die Offensive gehen: In den kommenden vier bis sechs Wochen will die ABDA eine eigene Projektskizze zum E-Rezept vorlegen. Damit reagiert die Standesvertretung auf die Kritik an ihrer bisherigen Zurückhaltung. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt räumte ein, dass der Kurswechsel auf „starke Impulse“ von Kammern und Verbänden zurückgehe. Außerdem reagiere man damit auf Forderungen der Politik.
In der Mitgliederversammlung habe das Thema Digitalisierung eine zentrale Rolle gespielt, so Schmidt. „Wo sehen wir unsere eigene Rolle?“ Zusätzliche „Brisanz“ habe das Thema durch den kürzlich gefassten Beschluss der Bundesärztekammer zur flächendeckenden Einführung von Fernbehandlungen erfahren. Auch die neue Führung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) um Minister Jens Spahn (CDU) wolle bei der Digitalisierung Tempo machen und in den kommenden 24 Monaten Entscheidungen zum E-Rezept im Rahmen der Gematik und zur Einführung der elektronischen Patientenakte fällen. Dazu plant das BMG in den nächsten zwölf Monaten ein zweites E-Health-Gesetz.
„Wir rechnen damit, dass das Thema zusätzlichen Drive bekommt. Die ABDA strebt die Führerschaft beim E-Rezept an“, sagte Schmidt. Man wolle schon vor der Politik eigene Vorschläge unterbreiten. Die sollen in den nächsten Wochen gemeinsam mit Apothekenrechenzentren und Softwarehäusern als Projektskizze vorbereitet werden. Auch soll eine Abstimmung mit den Ärzten erfolgen.
Nach Darstellung Schmidts soll das E-Rezept sowohl mit der eGK funktionieren als auch über Smartphones und Laptops. Außerdem soll es vergleichbar mit Flugtickets Lösungen in Papierform geben. „Entscheidend ist, dass die Apothekenwahlfreiheit der Patienten erhalten bliebt, die Übertragung der Daten sicher ist und Fälschungen ausgeschlossen sind“, sagte Schmidt. „Wir gehen selbst in die Offensive. Wir arbeiten mit Hochdruck daran. Den Impuls der Mitgliederversammlung haben wir verstanden, dass dieser Prozess nicht an uns vorbeiläuft.“
Nach der Sommerpause soll die technische Realisierung anlaufen, so der ABDA-Präsident. Die Politik müsse die rechtlichen Fragen klären. Derzeit sind Rezepte aus Fernbehandlungen nicht erlaubt. Das von der ABDA entwickelte E-Rezept werde mit der Telematikinfrastruktur (TI) der Gematik kompatibel sein.
Ausführlich und intensiv diskutiert wurde in der Mitgliederversammlung auch die politische Strategie der ABDA bei den laufenden Verhandlungen mit Bundesgesundheitsminister Spahn: „Ich habe Kammern und Verbände unsere Strategie deutlich gemacht. Vielen war nicht klar, dass wir ausschließlich auf der Basis bestehender Beschlüsse verhandeln. Wir bieten nichts an“, sagte Schmidt. Die selbst auferlegte Vertraulichkeit habe für Unruhe gesorgt, so der ABDA-Präsident.
Auch die in den letzten Tagen wortstark geäußerte Kritik an der ABDA kam zur Sprache. Er habe das Angebot gemacht, „mit uns zu diskutieren, statt über uns“. Mit der Aussprache sei die „aufgeregte Phase“ in der ABDA jetzt beendet. Zuletzt war der ABDA von Mitgliedsorganisationen vorgeworfen worden, abgetaucht zu ein. Hamburgs Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen hatte die ABDA mit einer gefräßigen, aber trägen Würgeschlange verglichen.
Schmidt betonte erneut die Position der ABDA zum Rx-Versandverbot. Zielsetzung sei die Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit. Dafür sei das Rx-Versandverbot nach wie vor das einzige Mittel. Dazu gebe es keine erkennbare Alternative. Man warte jetzt auf die Vorschläge des BMG. Außerdem befinde man sich mit Spahn im Gespräch über zusätzliche Honorierung für „gute Leistungen“, über die Neuordnung der PTA-Ausbildung und über die Sicherstellung der wohnortnahen Arzneimittelversorgung unter den Bedingungen des digitalen Wandels.
Ausführlich diskutiert wurde zudem über den ABDA-Haushalt 2019: „Da geht es immer hoch her, das ist für Kammern und Verbände ein großer Posten“, so Schmidt. Die jährlichen Erhöhungen der Beträge für Kammern und Verbände „könne nicht überall nachvollzogen werden“, räumte Schmidt ein. Es habe „sehr viel positive, aber auch kritische Anmerkungen“ zum Haushalt gegeben. Erstmals gab es daher eine geheime Abstimmung über den Haushalt. Nach Schmidts Angaben lag die Zustimmung bei 88 Prozent. Im Vorfeld hatten die Kammern Nordrhein und Mecklenburg-Vorpommern ihre Ablehnung angekündigt.
Die Mitgliedsorganisationen forderten die ABDA auf, das jährliche Haushaltswachstum der ABDA zu überprüfen und für 2020 eine Nullrunde vorzusehen. „Der Wachstumsprozess muss pausieren“, so der ABDA-Präsident. 2019 steigen die Abführungen von Kammern und Verbände um 3,48 Prozent. Schmidt räumte ein, dass er nach der Kritik der letzten Wochen an seiner Amtsführung „nicht ohne große Aufregung“ in die diesjährige Mitgliederversammlung gegangen sei. Die Aussprache habe aber gezeigt, dass Kammern und Verbände „sehr nah bei unseren Vorstellungen“ sind: „Die Mitgliedsorganisationen tragen die Politik des Geschäftsführenden Vorstandes mit großer Mehrheit mit.“
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