Gestern fand nicht nur in Dresden die letzte Protestkundgebung der Apothekerschaft für dieses Jahr statt, sondern auch in Münster die Kammerversammlung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL). Mit dabei war in ihrer Funktion als Kammerpräsidentin natürlich auch Abda-Chefin Gabriele Regina Overwiening. Sie kritisierte erneut Karl Lauterbachs Sparpolitik, er sei für die reihenweisen Schließungen verantwortlich.
Inflation, steigende Energiekosten und Personalausgaben, Lieferengpässe und eine überbordende Bürokratie belasten die Apotheken bis aufs Äußerste, so Overwiening. Zusätzlicher Brandbeschleuniger sei da die Sparpolitik von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): „Wer in einem solchen toxischen Umfeld auch noch – wie mit Wirkung zum Februar dieses Jahres geschehen – die Vergütung der Apotheken um 28 Cent je Packung kürzt, trägt die politische Verantwortung für die zunehmende Zahl an Apothekenschließungen.“
Die Maßnahmen der Ampel-Koalition hätten ein regelrechtes Apothekensterben befeuert. „Jede Woche erreichen uns derzeit weitere Hiobsbotschaften. Wenn über viele Jahrzehnte stabile und für die Versorgung im Quartier wichtige Apotheken aufgeben müssen, dann stimmen die Rahmenbedingungen nicht mehr“, so Overwiening. Die AKWL hat bereits mindestens 33 Apotheken verloren, 13 kommen zum Jahresende mindestens hinzu.
Statt wie im Koalitionsvertrag vereinbart die Apotheken vor Ort zu stärken, „irrlichtert der Gesundheitsminister zwischen unsinnigen Projekten wie der Einführung teurer Gesundheitskioske und der Cannabis-Freigabe herum.“ Vieles sei nicht zu Ende gedacht und auch nicht im Sinne einer guten Versorgung. So sei es nicht verwunderlich, „dass zum ersten Mal seit vielen Jahren nicht nur Ärzte und Apotheken-Teams protestieren, sondern inzwischen auch zusammen auf die Straße gehen“, sagte Overwiening.
Zudem wurde der Haushalt für 2024 verabschiedet. Die Einnahmen sinken leicht, der Ausgabenzuwachs steigt um 445.500 Euro. Das Geld wird für die im Juni anstehenden Kammerwahlen (mit geplanten Kosten in Höhe von 89.000 Euro), für eine Stiftungsprofessur an der Universität Münster (310.000 Euro) und die um 17 Prozent (193.500 Euro) gestiegenen Abda-Mitgliedsbeiträge gebraucht. Sonst lägen die Ausgaben unter Vorjahresniveau, erläuterte Hauptgeschäftsführer Dr. Andreas Walter.
Mit dem E-Rezept laufe es derweil gut in Westfalen-Lippe. Über sechs Prozent der ärztlichen Verordnungen würden jetzt digital ausgestellt, „Tendenz stark steigend“. Die Apotheken könnten der bundesweiten Einführung gelassen entgegensehen: „100 Prozent unserer Apotheken sind startklar für das E-Rezept“, freute sich Overwiening. Hier zeige sich erneut, dass die Apotheken zu den Vorreitern der Digitalisierung im Gesundheitswesen zählen, so die Kammer.
Die AKWL vertritt 8163 Apotheker:innen, 5647 davon sind beruflich aktiv. Im Kammerbezirk gibt es aktuell 1768 Apotheken, so wenige wie seit 55 Jahren nicht mehr, mit derzeit knapp 16.800 Arbeitsplätzen.
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