Schleswig-Holstein

Garg (FDP): Mehr als drei Filialapotheken

, Uhr
Berlin -

Nach dem Wahlsieg der CDU in Schleswig-Holstein laufen in Kiel die Koalitionsverhandlungen mit der FDP auf Hochtouren. Das Kapitel Finanzen ist abgehakt. Jetzt geht es um die Gesundheitspolitik. Als neuer Gesundheitsminister ist FDP-Landeschef Dr. Heiner Garg im Gespräch – nach dem Beschluss des Bundesparteitags ein Schreckgespenst für viele Apotheker. Im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC distanziert sich Garg von der Abschaffung des Fremdbesitzverbotes. Stattdessen will er das Mehrbesitzverbot lockern und Landapotheken mit einem Sicherstellungszuschlag unterstützen.

ADHOC: Möchten Sie das Modell der inhabergeführten Apotheke vor Ort erhalten?
GARG: Ja. Die inhabergeführte Apotheke ist das Rückgrat der Versorgung und dabei soll es auch in Zukunft bleiben. Um das möglich zu machen, brauchen wir faire Wettbewerbsbedingungen für die Apotheken.

ADHOC: Aber die FDP hat gerade die Abschaffung des Fremdbesitzverbotes in ihr Bundestagswahlprogramm geschrieben.
GARG: Das Thema wird heiß diskutiert und ist nachvollziehbar ein großer Aufreger. Man darf aber nicht die Augen davor verschließen, dass hier bereits eine Entwicklung im Gang ist. Die FDP steht dafür, die Entwicklung vernünftig zu steuern. Die FDP Schleswig-Holstein lehnt eine Aufweichung des Fremdbesitzverbots jedoch ab. Die Novelle des Apothekengesetzes aus dem Jahr 2003, wonach es Apotheken gestattet ist neben, der Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken zu betreiben, sollte dahingehend überprüft werden, ob es unter versorgungspolitischen Aspekten sinnvoll sein kann, den Betrieb von mehr als drei Filialapotheken zu ermöglichen.

ADHOC: Wie stehen Sie zum Versandhandel?
GARG: Die FDP steht für eine patientenzentrierte Gesundheitspolitik. Jeder Patient sollte daher grundsätzlich die Wahlfreiheit haben, von wem er seine Arzneimittel bezieht. Die Apotheken sind dabei der Ansprechpartner vor Ort.

ADHOC: Damit unterstützen Sie das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) verfolgte Rx-Versandverbot aber nicht?
GARG: Wir wollen faire Rahmenbedingungen für die Versorgung mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln zwischen inhabergeführten Apotheken und Versandapotheken schaffen. Insbesondere wollen wir den Prozess vernünftig steuern und nicht durch weitere Gerichtsentscheide vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Ein pauschales Versandverbot lehnen wir daher ab, stattdessen wollen wir gleiche und faire Wettbewerbsbedingungen für in- und ausländische Versandapotheken.

ADHOC: Wie stehen Sie zur Rx-Preisbindung? Sollten Apotheken und Versandapotheken Ihrer Meinung nach auch hierzulande Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel anbieten dürfen?
GARG: Das Urteil des EuGH liegt vor. Ohne Frage stellt dieses Urteil inhabergeführte Apotheken vor neue Herausforderungen. Wir wollen Arzneimittelgesetz, Arzneimittelpreisverordnung und Sozialgesetzbuch (SGB V) so anpassen, dass die Apotheken nicht benachteiligt werden und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle entstehen.

ADHOC: Mit welche Maßnahmen wollen Sie die Landapotheken unterstützen?
GARG: Wir wollen den ländlichen Raum lebenswert halten. Dazu gehört es, in allen Bereichen eine gute Infrastruktur vorzuhalten. Das betrifft auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Deswegen spricht sich die FDP dafür aus, Sicherstellungszuschläge für die Apotheken in ländlichen Gegenden zu gewähren, um die bestehende leistungsfähige Versorgungsstruktur zu erhalten. Zudem sind Notdienste in Zukunft angemessen zu honorieren.

ADHOC: Reicht das aus?
GARG: Nein, Apotheker sollten weitere Aufgaben in der Primärversorgung übernehmen dürfen und dafür auch entlohnt werden, beispielsweise Medikations-Management und Blutzuckermessen. Apotheker sollen endlich für ihre hochwertigen Beratungsleistungen honoriert werden. So soll beispielsweise das in einer älter werdenden Gesellschaft immer wichtiger werdende qualitätsgesicherte Medikamentenmanagement in Kooperation mit den behandelnden Ärzten erfolgen und honoriert werden.

Garg ist kein Unbekannter in der Gesundheitspolitik Schleswig-Holsteins: Schon einmal war er Gesundheitsminister einer CDU/FDP-Koalition von 2009 bis 2012 unter CDU-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen. Garg, Jahrgang 1966, trat 1990 in die FDP ein. Seit dem Jahr 2000 ist er Abgeordneter des Landtages. Zuvor war er als wissenschaftlicher Assistent der FDP-Landtagsfraktion dort tätig. Garg ist Diplom-Volkswirt und befasste sich in seiner Promotion mit der Pflegeversicherung. Seit 2011 ist er Landeschef der FDP und seit 2013 Mitglied des Bundesvorstandes der Freien Demokraten. Seit 2014 ist er gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr zum Thema
Verzögerungen wegen „KOB light“?
ePA: Die Angst vor Abmahnungen
Mehr aus Ressort
294 Euro für alle – mit Ausnahmen
Berlin: Eine Stelle für den Kammerbeitrag
Ersatzkassen-Rabattverträge
Antibiotika: 9 von 14 kommen aus Europa
„Wo ist unser Selbstbewusstsein?“
Dobbert rechnet mit Abda ab

APOTHEKE ADHOC Debatte