Interview

„Schlecker ist ein Gesundheitsrisiko“

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Nach der Drogeriekette dm bietet nun auch Schlecker in seinen Filialen einen Abholservice für Arzneimittel. Der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sind die so genannten Pick-up-Stellen bereits seit längerem ein Dorn im Auge. APOTHEKE ADHOC sprach mit ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf über die Befürchtungen der Apotheker.

ADHOC: Nach dm bietet nun auch Schlecker einen Abholservice für Arzneimittel an. Fürchten Sie nicht die Übermacht von 11.000 Märkten in der Fläche?
Wolf: Wir fürchten keine vermeintliche Übermacht, sondern die gesundheitspolitischen Folgen. Schlecker hat nicht die geringste pharmazeutische Kompetenz; übrigens ebenso wenig wie dm. Die Gefahr liegt auf der Hand, daran kann auch der Expansions-Ehrgeiz dieser Handelskonzerne nichts ändern.

ADHOC: Der Eindruck verschärft sich, dass alle Dämme brechen. Was wollen Sie tun?
Wolf: Es brechen keine Dämme, wenn die Politik jetzt die richtigen Entscheidungen fällt und diese auch umsetzt. Und wir alle sollten den Willen der Verbraucher nicht unterschätzen. Verbraucher können sehr wohl einsortieren, wofür Schlecker steht und wofür eben nicht; auch wenn manche verzweifelt so tun, als hätten sie etwas mit der Apotheke gemein. Ich glaube nicht, dass es ein tiefgehendes Vertrauen in Konzerne wie Schlecker gibt.

ADHOC: Vielleicht kein Vertrauen, aber Dumpingpreise.
Wolf: Vielleicht. Und das führt dazu, dass die Leute mehr Arzneimittel schlucken und dass das Medikament zum Konsumgut wird. Mit all den Folgen, zu denen Arzneimittelmissbrauch führt. Das will niemand. Deshalb ist die Reaktion der Politik in der kommenden Woche und den nächsten Monaten entscheidend. Denn hier geht es nicht nur um die Apotheken und deren Mitarbeiter, sondern vor allem um eine Zukunftsentscheidung für den Verbraucherschutz.

ADHOC: Der DAV-Vorsitzende Hermann S. Keller spricht vom „Verramschen“ von Medikamenten.
Wolf: Ja, darauf läuft es hinaus. Ich persönlich empfinde das Treiben von Schlecker als Gesundheitsrisiko. Wer es mit einer ordnungsgemäßen und sauberen Arzneimittelversorgung ernst meint, der kann zu keiner anderen Auffassung gelangen.

ADHOC: Was unterscheidet das Päckchen bei Schlecker vom Päckchen, das der Postbote im Auftrag einer Versandapotheke bringt?
Wolf: Ich finde beides schlecht. Und die vielen Probleme mit Fälschungen resultieren aus der Suggestion der Anbieter, wonach alles prima sei, was via Internet bestellt werden könne. Mich interessiert: Wer kontrolliert Drogeriemärkte? Wer kontrolliert die Lagerung von Paketen? Wer kontrolliert, welchen Weg die Daten nehmen? Wir haben den Eindruck, hier wird mehr weg- als hingeschaut. Das Risiko tragen nicht die Konzerne, sondern die Verbraucher. Deshalb muss die Politik dem Treiben einen Riegel vorschieben.

ADHOC: Der Gesundheitsausschuss des Bundesrats befasst sich in der kommenden Woche mit den Anträgen aus Sachsen und Bayern. Wie stehen die Chancen?
Wolf: Das wird die Sitzung zeigen. Egal, wie es ausgeht: Viele Gesundheitspolitiker haben das Problemszenario erkannt. Wir glauben, es braucht einen deutlichen Schnitt, um Verbraucher zu schützen. Ob es dazu kommt, liegt nicht in unserer Hand. Wir jedenfalls wollen dazu beitragen, dass die Arzneimittelversorgung in Deutschland nicht zwischen Putzmitteln und Unkraut-Ex endet.

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