Zum 1. September 2020 ist das Nationale Gesundheitsportal (NGP) freigeschaltet worden. Das Portal soll „wissenschaftlich fundierte und neutrale Informationen rund um Fragen zur Gesundheit und zum Gesundheitswesen“ zur Verfügung stellen. Fast zwei Millionen Euro hat das Bundesgesundheitsministerium dafür bezahlt. Nur: Werben will die Bundesregierung nicht für das neue Internetportal. FDP-Gesundheitsexperte Dr. Wieland Schinnenburg kann das nicht verstehen.
Schinnenburg begrüßt das Anliegen der Bundesregierung, dem Bedürfnis der Bürger nach digitalen Informationen Rechnung zu tragen und die „Gesundheitskompetenz und damit die Patientensouveränität“ zu stärken. Neben Volkskrankheiten sollen auch Themen wie Pflege, Gesund Leben und Gesundheit digital behandelt werden. Ein gut gemachtes Portal könnte dazu beitragen, die ärztliche Beratung zu entlasten und das Arzt-Patient-Verhältnis insgesamt zu stärken, eine individuelle und unabhängige Beratung durch Ärzte kann es jedoch nicht ersetzen, so der FDP-Gesundheitsexperte.
„Hier dürfen wir uns nichts vormachen. Es ist auch noch völlig offen, ob und in welcher Intensität das Angebot tatsächlich genutzt wird. Zahlen und Informationen zum Nutzerverhalten fehlen bislang. Nicht nachvollziehbar ist, warum die Bundesregierung keine Marketingmaßnahmen ergreift, um den Bekanntheitsgrad des Portals zu erhöhen. Hier muss das Bundesministerium für Gesundheit dringend nachjustieren. Zudem halte ich eine zeitnahe und vor allem kritische Evaluierung des Projekts allein schon wegen der immensen laufenden Kosten, die das Portal verursacht, für dringend erforderlich. Es steht außer Frage, dass an dem Prozess die Gremien, Verbände und Organisationen der Selbstverwaltung im Gesundheitssystem zwingend beteiligt werden müssen“, so Schinnenburg.
Der FDP-Gesundheitspolitiker hatte dem BMG Fragen zum neuen Gesundheitsportal gestellt und spärliche Antworten erhalten. Daraus geht hervor, dass eine Bewerbung des Portals durch Online-Marketingmaßnahmen nicht stattfindet. Prognosen zur künftigen Nutzung kann die Bundesregierung derzeit ebenfalls nicht abgeben. Für Planung und Aufbau des Portals wurden fast zwei Millionen Euro ausgegeben, darunter allein für den Bereich „Redaktion“ mehr als eine Million Euro an.
Redaktionsleistungen, IT-Support und Hosting werden von der VALID Digitalagentur übernommen, die für ihre Leistungen schon mehr als 1,8 Millionen Euro erhalten hat. Welche künftigen Agentur-Kosten anfallen, kann die Bundesregierung nicht beziffern, sie rechnet aber damit, dass die für das Haushaltsjahr 2020 budgetierten 4,5 Millionen Euro ausreichen.
Qualität, Transparenz und Neutralität ist der Bundesregierung offenbar wichtig: Zur Sicherstellung der Neutralität werden alle Inhalte einem „Fakten-Check“ unterzogen, zum Teil werden die Veröffentlichungen noch zusätzlich gekennzeichnet („in Zusammenarbeit mit…“). Die Redaktion arbeitet mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), dem Robert-Koch-Institut (RKI) und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) zusammen.
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