Verbände, Kassen, Opposition

Scharfe Kritik für steigende Krankenkassenbeiträge

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Berlin -

Verbände, Krankenkassen und Opposition haben angesichts der prognostizierten deutlichen Erhöhung der Krankenkassenbeiträge im kommenden Jahr scharfe Kritik geübt. „Mit den anstehenden Beitragssatzerhöhungen wird die finanzielle Belastbarkeit der Versicherten und Arbeitgebenden zunehmend an ihre Grenzen gebracht“, erklärte Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV).

„Vor diesem Hintergrund ist unerklärlich, dass die Gesundheitspolitik der sich immer schneller drehenden Beitragsspirale tatenlos zuschaut“, fügte Pfeiffer hinzu.

Gerlach warnt vor „Gefahr für den sozialen Frieden“

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) kritisierte die prognostizierte Erhöhung des Zusatzbeitrages ebenfalls und bezeichnete eine solche Steigerung als „eine Gefahr für den sozialen Frieden“ und als „Zumutung“. „Die Prognose des Schätzerkreises ist eine Ohrfeige für die auf Zuwarten ausgelegte Politik der Bundesregierung. In den letzten Jahren hat der Bund die Finanzreserven der Krankenkassen geplündert, statt wirksame Reformen auf den Weg zu bringen. Die Quittung erhalten wir heute: Da die Finanzpolster abgeschmolzen sind, schlagen nun die Ausgabenzuwächse voll auf die Beitragssätze durch.“

Die Regierung „sollte endlich ihre Verantwortung wahrnehmen und deutlich höhere Bundeszuschüsse zu versicherungsfremden Leistungen zahlen“, so Gerlach weiter. Bisher belaufe sich dieser auf 14,5 Milliarden Euro, die Gesamtkosten der GKV würden aber etwa bei 60 Milliarden Euro liegen. „Diese Lücke darf nicht wie bisher zulasten der Beitragszahler gestopft werden.“

Gerlach forderte zudem „auskömmliche Beiträge für Bürgergeldbezieher zahlen“. „Den heute in unserem Land weitverbreiteten wirtschaftlichen Sorgen sollte mit Entlastungen begegnet werden. Stattdessen müssen wir uns Sorgen um den sozialen Frieden machen! Der neuerliche, noch stärkere Griff in den Geldbeutel der Versicherten und der Arbeitgeber zeigt einmal mehr die Konzeptlosigkeit der Bundesregierung angesichts der desaströsen Finanzlage der gesetzlichen Krankenversicherung.“

Verbraucherschützer fordern nachhaltige Lösungen

Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, erklärte, es könne nicht sein, dass gesetzlich Versicherte die Zeche zahlen und erneut Beitragssteigerungen genutzt würden, um Defizite auszugleichen. „Diese Praxis muss beendet und gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen aus Steuermitteln finanziert werden.“

Vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) hieß es, die Entwicklung sei auch Folge falscher politischer Entscheidungen. „Die Politik muss endlich strukturelle, nachhaltige Lösungen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite finden“, forderte Gesundheitsexperte Thomas Moormann vom vzbv.

Lauterbach weist Vorwurf der Untätigkeit zurück

Der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge warf Gesundheitsminister Lauterbach bei der Regierungsbefragung im Bundestag vor, wichtige Reformen anzukündigen und nichts passiere. Ähnliche Vorwürfe kamen aus der AfD von deren gesundheitspolitischem Sprecher Martin Sichert. Lauterbach wies das zurück.

Aktuell seien sieben Gesetze im parlamentarischen Verfahren, unter anderem die Krankenhausreform, die an diesem Donnerstag beschlossen werden soll. Zudem seien 15 Gesetze schon beschlossen worden. „Mein Haus arbeitet unter Volllast“, sagte der SPD-Politiker.

Lauterbach nannte die Erhöhung historisch, die enorme Steigerung hänge unter anderem mit der Inflation und höheren Löhnen zusammen. Zudem sei das Gesundheitssystem sehr ineffizient. „Unser Gesundheitssystem ist das teuerste Gesundheitssystem in Europa und kann ausweislich seiner Qualität nicht überzeugen.“ Man habe in den vergangenen Jahrzehnten Strukturreformen versäumt. Lauterbach warb vor diesem Hintergrund auch für die Krankenhausreform der Ampel-Koalition, die heute im Bundestag zur Abstimmung steht. „Ohne diese Strukturreformen würde der Beitragssatz immer weiter steigen.“

Schätzer errechnen Beitragssteigerung um 0,8 Prozentpunkte

Der sogenannte Schätzerkreis – ein Gremium aus Fachleuten der Krankenkassen, des Bundesamts für Soziale Sicherung und des Gesundheitsministeriums – hatte mit Blick auf die Ausgaben und Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung eine rechnerisch notwendige Anhebung des Zusatzbeitrags der Kassen im kommenden Jahr um 0,8 Punkte auf durchschnittlich 2,5 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens ermittelt.

Bei dem Wert handelt es sich zunächst um eine theoretische Größe. Das Gesundheitsministerium gibt auf dieser Basis jährlich bis zum 1. November den durchschnittlichen ausgabendeckenden Zusatzbeitragssatz für das Jahr 2025 bekannt. Wie sehr er dann aber wirklich steigt, entscheidet jede Krankenkasse für sich.

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