Kommentar

Schäubles Angst vor 19 Cent

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Berlin -

Wenn die Lage für viele Apotheken nicht so ernst wäre, müssten sie über die Possen der Gesundheitspolitik in dieser Woche vermutlich lachen: Die Kassenaufsicht moniert, dass Kassen für 10.000 Euro ihre Versicherten beschatten; das Sozialgericht verbietet der AOK, mit Rodelbahn-Gutscheinen zu werben – und der Bund hat kein Geld für eine nun wahrlich nicht fürstliche Honorarerhöhung der Apotheken. Die vermeintlichen finanziellen Sorgen im Bundesfinanzministerium sind genauso unglaubwürdig wie der vom Wirtschaftsministerium angeblich exakt errechnete Ausgleich von 25 Cent.

 

Nach den Berechnungen aus Röslers Haus kostet die Erhöhung des Apothekenhonorars die Kassen jedes Jahr 162 Millionen Euro. Das ist Wolfgang Schäuble zu viel. Sollten die Kassen in finanzielle Schieflage geraten und plötzlich doch wieder Zusatzbeiträge erheben müssen, und sollten die Versicherten diese nicht selbst bezahlen können, dann müsste über den Sozialausgleich der Bund einspringen. Und das würde den Bundeshaushalt unkalkulierbar belasten, befürchtet das BMF.

Umgerechnet auf 70 Millionen GKV-Mitglieder beträgt die „Belastung“ 2,30 Euro pro Kopf. Komplett als Zusatzbeitrag auf einen Monat umgelegt, wären es 19 Cent, die die Kassen theoretisch verlangen müssten. Der Sozialausgleich wiederum kommt Versicherten zugute, die mit dem Zusatzbeitrag ihrer Krankenkasse überfordert sind. Mehr als 2 Prozent seines Einkommens muss niemand aufzahlen, alles darüber übernimmt der Staat.

Aktuell nimmt so gut wie keine Kasse einen Zusatzbeitrag, das GKV-System hat nach den Spargesetzen von Schwarz-Gelb rund 20 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Der Steuerzuschuss zum Gesundheitsfonds beträgt 2012 14 Milliarden Euro. Und deshalb befürchtet Minister Schäuble jetzt unüberschaubare Ausgaben im Bereich des Sozialausgleichs? Oder fehlt ihm gar die eine Million, die den Bund ganz direkt über die Beihilfe treffen würde? Plausibel ist nichts davon.

Vielleicht will das CDU-geführte BMF auch einfach nur FDP-Chef Rösler bloßstellen. Denn das Ministerium hat trotzdem die Zahlen aus dem BMWi angefordert. Entweder brandmarkt Schäuble seinen Kabinettskollegen danach als Apothekerfreund ohne Blick auf die Kassenfinanzen, oder er kommt zu dem Schluss, dass eine Erhöhung doch angemessen und richtig ist. Zweifel an Röslers Zahlen sind immerhin auch schon aus CDU-geführten Landesministerien laut geworden. Hoffentlich ist sich die Koalition einig, bevor die Kassen ihre 2,30 Euro pro Mitglied anders verplant haben.

 

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