Langwirksame Insulinanaloga

Sanofi flüchtet in Fallpauschalen Désirée Kietzmann, 16.04.2010 14:01 Uhr

Berlin - 

Erhöhung des Herstellerabschlags, verpflichtende Nutzenbewertungen und Preisverhandlungen - Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) spannt die Pharmaindustrie in den Schraubstock. Um eine Deckelung der Preise zu verhindern, werben die forschenden Pharmahersteller für die Einführung so genannter Mehrwertverträge. Der französische Pharmakonzern Sanofi-Aventis schafft mit Abschlüssen für sein langwirksames Insulinanalogon Glargin (Lantus) bereits Fakten.

Das Prinzip erinnert an das System der Fallpauschalen: Nicht der Preis des eingesetzten Insulins, sondern die Gesamtkosten der Diabetes-Therapie werden mit Krankenkassen vereinbart. Der eigentliche Arzneimittelpreis, der bei Lantus gemessen an den Tagestherapiekosten um etwa 17 Prozent höher als bei NPH-Insulin ist, tritt in den Hintergrund.

Sanofi hat bereits mit mehreren großen Kassen - darunter DAK, Barmer GEK, Techniker Krankenkasse (TK) sowie AOK Niedersachsen - entsprechende Verträge abgeschlossen: Der Pharmakonzern verspricht, dass die Therapie mit Lantus insgesamt nicht teurer ist als die Behandlung mit NPH-Insulin. Pharmakoökonomischen Studien zufolge könnten die Mehrkosten durch Einsparungen bei Blutzuckermessungen und Begleitmedikation ausgeglichen werden. Fällt die Therapie doch teurer als erwartet aus, übernimmt Sanofi die Differenz.

Der Konzern hofft, dass Lantus als Teil des Therapiepakets nicht durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Preisnachlässe gedrängt werden kann. Der G-BA hatte Mitte März entschieden, dass langwirksame Insulinanaloga nicht mehr zu Lasten der Kassen verordnet werden dürfen, solange sie „mit Mehrkosten im Vergleich zu intermediär wirkendem Humaninsulin verbunden sind“. Sanofi bezieht die Mehrkosten auf die Gesamttherapie - und sieht sich dank Mehrwertvertrag mit Lantus aus dem Schneider.

Die Vertragspartner sehen das anders: „Der G-BA-Beschluss bezieht sich auf den Arzneimittelpreis und nicht auf die Gesamtkosten“, sagte ein TK-Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC. Mit Sanofi soll nun geklärt werden, wie eine Annäherung aussehen könnte. „Über den Preis werden wir reden müssen“, sagte ein Sprecher der Barmer GEK. Auch die DAK will den Lantus-Vertrag anpassen.

Sanofi gibt sich kämpferisch und will den Preis von Lantus definitiv nicht absenken. Die starre Haltung des Konzern war dem Vernehmen nach auch die Ursache für das Scheitern der Verhandlungen mit dem AOK Bundesverband. Ende März hatte Sanofi die Gespräche nach sieben Monaten ohne Ergebnis abgebrochen - und will nun mit den einzelnen AOKen in Verhandlungen treten.