Sachverständigenrat

Bußgelder bei Lieferengpässen

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Berlin -

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat sich in seinem aktuellen Gutachten auch mit Lieferengpässen bei Arzneimitteln beschäftigt. Die Experten kritisieren, dass die freiwillige Meldung von Engpässen an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und die Konventionalstrafen bei Rabattverträgen nicht ausreichen. Sie verlangen zusätzliche Regelungen.

Der Sachverständigenrat empfiehlt, die bestehende Liste beim BfArM zu einem verpflichtenden Melderegister zu erweitern: Zurückliegende, momentane und sich abzeichnende Engpässe sollten verpflichtend gemeldet, geprüft und an Kliniken, Ärzte und Apotheker gemeldet werden.

Außerdem soll unter Mitwirkung der Fachgesellschaften eine Liste „klinisch unentbehrlicher Medikamente“ erstellt werden. Dazu sollen lebensnotwendige beziehungsweise medizinisch benötigte Arzneimittel zählen, für die es keine verfügbaren therapeutischen Alternativen gibt und deren Fehlen bei den Patienten zu einer Reduktion der Lebenserwartung oder zu einer erheblichen Verringerung der Lebensqualität führt. Hersteller sollen verpflichtet werden, die Produktions- und Lagerkapazitäten dieser Präparate auszuweiten. Außerdem sollen bei gravierenden Verstößen Bußgelder erlassen werden.

Schließlich empfehlen die Experten „die Installierung eines zentralen Risikomanagements mit präventiver Orientierung beim BfArM“. Der Behörde soll demnach das Management bei Lieferengpässen unterstellt werden.

Als einen Grund für Lieferengpässe sieht der Sachverständigenrat die Verlagerung von Produktionskapazitäten in Niedriglohnländer. Das Ursachengeflecht sei aber komplex und betreffe sowohl die Angebots- als auch die Nachfrageseite. Zu den relevanten Ursachen gehören demnach Engpässe bei der Rohstoffproduktion, die Konzentration auf wenige Standorte sowie die Reduktion des Sortiments und in der Folge weniger Alternativpräparate. Die Gutachter sehen aber auch den Marktrückzug günstiger Generika, die steigende Nachfrage in Schwellenländern und die zunehmende Aufdeckung von Qualitätsmängeln als Problem an – und Re- und Parallelimporte.

Letzteres hat den Reimporteur Kohlpharma auf den Plan gerufen: „Insgesamt kann man sich des Eindrucks schwer erwehren, dass der Sachverständigenrat kein wissenschaftliches, sondern vor allem ein interessengeleitetes Gutachten vorgelegt hat“, sagt Geschäftsführer Jörg Geller. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum Parallelimporte eine der Ursachen für Lieferengpässe sei sollten, heißt es bei Kohlpharma.

Der Sachverständigenrat hatte in seinem Gutachten auch die Aufhebung der Festpreise bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vorgeschlagen. Die Apotheker sollten die Preise – in bestimmten Grenzen – selbst festlegen können. Durch diese Regelung erhoffen sich die Sachverständigen eine Stärkung der ländlichen Versorgung. Außerdem wird in dem Gutachten erneut die Abschaffung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes gefordert.

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