Der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen schlägt der Bundesregierung die Aufhebung der Festpreise bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vor. Über die Höhe der Zuzahlung soll Druck auf die Apotheken ausgeübt werden. Außerdem empfehlen die „Gesundheitsweisen“, Apothekenketten zuzulassen.
Das derzeitige System der Arzneimitteldistribution ist aus Sicht der Sachverständigen weder effektiv noch effizient. Wegen der Preisbindung bei Rx-Medikamenten fehle für Patienten der finanzielle Anreiz, eine günstige Apotheke aufzusuchen. Auch für den wirtschaftlichen Erfolg einer Apotheke spiele der Preiswettbewerb keine Rolle.
Dem heute vorgelegten Gutachten zufolge gilt dasselbe für den Qualitätswettbewerb. Das wird allerdings nicht näher begründet. Stattdessen heißt es: „Apotheken, die nach einer effizienteren Produktionsweise streben, können solche mit einer suboptimalen Betriebsgröße nicht vom Markt drängen.“
Die Gutachter um Professor Dr. Ferdinand Gerlach empfehlen daher die Einführung einer einheitlichen Apothekenfestspanne (AFS). Diese soll für Apotheken und Großhandel gemeinsam gelten und sich an den durchschnittlichen Vertriebskosten orientieren. Dieser Wert soll dem heutigen Apothekenabgabepreis entsprechen, den die Krankenkassen erstatten.
Die Apotheken sollen aber eine apothekenindividuelle Handelsspanne (AIH) frei kalkulieren können. Bleiben sie unter der AFS, vermindert sich die Zuzahlung des Patienten entsprechend. Allerdings sollen die Apotheken – in Grenzen – auch mehr verlangen dürfen als ihre Festspanne. Um eine übermäßige Belastung der Patienten zu verhindern, soll der AIH aber nach oben begrenzt werden – letztlich schlagen die Sachverständigen wieder eine Art Höchstpreissystem vor.
Die Sachverständigen erhoffen sich aus dieser Umstellung eine Stärkung der ländlichen Versorgung: Wegen des geringeren Wettbewerbs sei auf dem Land dann mehr Geld zu verdienen, so der Kern des Arguments. Der Versandhandel und ein begrenztes Dispensierrecht für Ärzte sollen in unterversorgten Gebieten die Preise im Zaum halten.
Verglichen mit den meisten anderen Industrieländern habe Deutschland eine relativ hohe Apothekendichte, finden die Gutachter. „Diese geht einher mit einem sehr begrenzten Preiswettbewerb, der sich auf nicht verschreibungspflichtige Medikamente beschränkt.“ Daneben gebe es weitere „wettbewerbshemmende staatliche Regulierungen im Apothekenbereich“, heißt es.
Dazu zählt der Sachverständigenrat wie eigentlich in jedem Gutachten auch das Fremd- und Mehrbesitzverbot. Dies erscheine aus ordnungspolitischer Perspektive „als ein Relikt mittelalterlicher Zunftstrukturen“. Es gebe keine überzeugenden Argumente, dass ein Angestellter anders oder schlechter beraten würde als ein Inhaber.
Die Gutachter machen sehr deutlich, wohin sie wollen: „Die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes und eine erweiterte Öffnung des Mehrbesitzes ermöglichen die Bildung von finanzstarken Apothekenketten und damit die Transformation des deutschen Apothekenmarktes von seiner atomistischen in Richtung einer oligopolistischen Struktur.“ Immerhin erkennen die Gutachter eine Gefahr „vertikaler Konzentrationsprozesse“, sollten Pharmahersteller Apothekenketten betreiben.
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