Schicksalswahl für Pharmazie-Institut Katharina Lübke, 28.08.2014 13:46 Uhr
Am Sonntag wird in Sachsen gewählt. Die CDU steht als Sieger so gut wie fest. Jüngste Wahlumfragen sehen die Christdemokraten derzeit bei 40 Prozent. Eine mögliche rot-rot-grüne Koalition käme aktuell auf 39,5 Prozent. Für den Leipziger Apothekernachwuchs könnte die Wahl ein Hoffnungsschimmer sein: Denn in Sachen Leipziger Pharmazie-Institut stehen sich Gegner und Befürworter seit Jahren in einer Pattsituation gegenüber. Läuft alles weiter wie bisher, wird das Institut ohne weiteres Zutun irgendwann schließen. Nun feuern frei werdende Finanzmittel die Diskussion an.
2010 hatte der Landtag den Abbau von 1042 Stellen bis zum Jahr 2020 beschlossen. Bis 2013 sollte die Uni Leipzig knapp 50 Personalstellen streichen und entschloss sich dafür, die Pharmazie um 21 Stellen zu kürzen. Ende 2011 kündigte die Hochschule an, zum Wintersemester 2012/2013 keine neuen Pharmaziestudenten zu immatrikulieren. Wissenschaftsministerin Professor Dr. Sabine von Schorlemer (parteilos) plädierte für die Schließung des Instituts, Sozialministerin Christine Clauß (CDU) legte ihr Veto ein und wendete damit die Schließung ab.
Perspektivisch werde an der Schließung festgehalten, sagte die Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz Sachsen (LRK), Professor Dr. Beate Schücking, die außerdem Rektorin der Universität Leipzig ist. Die 21 Stellen sind im Haushaltsplan markiert. Allerdings stehe eine entsprechende Entscheidung der Landesregierung nach wie vor aus, sagte eine Universitätssprecherin. „Im Moment warten wir auf den Ausgang der Landtagswahl.“ Zum Wintersemester werden zunächst nur noch 36 Plätze angeboten, und nicht wie früher 50.
Laut einem Sprecher der CDU Sachsen soll das Pharmazie-Institut bleiben: „Die Sicherstellung einer flächendeckenden pharmazeutischen Versorgung ist uns ein wichtiges Anliegen, für das wir uns einsetzen werden.“ Und weiter: „Wir haben uns wiederholt für den Erhalt des Ausbildungsgangs für Leipzig ausgesprochen und werden auch zukünftig an diesem festhalten.“
Eine Chance könnte in frei werdenden Mitteln des Landes liegen: Ab 2015 übernimmt der Bund die Finanzierung der Bundesausbildungsförderung BAföG vollständig, statt wie bisher nur zu 65 Prozent. Sachsen bleiben damit jährlich rund 85 Millionen Euro zusätzlich, knapp 57 Millionen Euro davon stehen den Hochschulen zur Verfügung.
Die Stellenkürzungen bleiben davon unberührt: Rund 15 Millionen Euro sollen laut einer Grobplanung der CDU Sachsen in die Nachwuchsförderung fließen. Mit weiteren 15 Millionen Euro sollen Großgeräte angeschafft werden. 11 bis 14 Millionen Euro sollen in den Hochschulbau investiert werden. Besonders die Hochschulmedizin in Dresden und Leipzig soll mit 10 bis 15 Millionen Euro gefördert werden.
Die Universität habe genug Einsparpotenzial, so Alexander Krauß, Vorsitzender des Arbeitskreises Soziales und Verbraucherschutz und arbeitsmarktpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Im Pharmazie-Institut sieht er diese jedoch nicht. „Wir brauchen Apotheken, aber wir brauchen nicht so viele Theaterwissenschaftler und Philologen.“ Während man in der Medizin allerdings rund 20 Studienplätze aufstocken wolle, sei das für die Pharmazie nicht geplant. „Wir sind froh, dass wir den Bestand halten konnten“, so Krauß. Über eine mögliche Erhöhung müsse weiter nachgedacht werden.
SPD und Linke kritisieren die Pläne scharf: „Mit den Mitteln könnte man ohne Weiteres die 1042 Stellen finanzieren“, sagt Holger Mann, Sprecher für Hochschule und Wissenschaft in der SPD. „Wir haben die Chance, die Strukturen zu erhalten, die man für eine gute Lehre braucht.“ Die Planung der CDU hält die Opposition deshalb für die falsche Entscheidung, insbesondere in Leipzig. „Wir sehen den Fachkräftemangel. Und wenn junge Leute hier studieren, bleiben sie zu einem großen Teil hier“, sagt Mann.
Die Linke kritisiert den Plan als „komplett lächerlich“. Statt mit den BaföG-Millionen eine Grundfinanzierung sicher zu stellen und die Stellenkürzungen zurück zu nehmen, sei „mal wieder ein Fonds aufgelegt“ worden. Die sächsischen Hochschulen hätten die zweitschlechteste Pro-Kopf-Finanzierung bundesweit. Werde wie bisher gekürzt, werde es eine Fächervielfalt nicht mehr geben. „Das ist keine Hochschulautonomie, sondern Mängelverwaltung“, so ein Fraktions-Sprecher.
In Leipzig kämpft man um das Geld: Mit einem Offenen Brief haben sich wissenschaftliche Mitarbeiter aus acht Fakultäten der Universität Leipzig an das Wissenschaftsministerium (SMWK) gewandt. 65 Unterzeichner, darunter auch Pharmazeuten, fordern von Ministerin von Schorlemer, mit den Geldern den Stellenabbau zu stoppen. „Angesichts der Entwicklung irritiert es uns in hohem Maße, dass Landesregierung und Ministerium weiterhin auch in den jüngsten Äußerungen gegenüber der Presse am Abbau von Stellen an den Universitäten festhalten“, heißt es im Brief.
Die Unterzeichner sehen die Qualität der Ausbildung „systematisch unterlaufen und massiv bedroht“. Trotz steigender Studierendenzahlen würden die Mitarbeiterzahlen weiter sinken. Eine kontinuierlich qualitativ hochwertige Ausbildung könne nicht über kurzfristig finanzierte Stellen erfolgen. Sie fordern, dass die zusätzlichen Mittel verwendet werden, um neue, langfristige Stellen zu schaffen.
Auch die Rektoren der sächsischen Hochschulen hatten von Schorlemer bereits im Juni aufgefordert, Stellen langfristig zu finanzieren. „Eigentlich ist das an Sachsens Hochschulen dringend benötigte Geld nun da, um den Stellenabbau und seine verheerenden Folgen zu verhindern, aber es wird nicht wie gewünscht davon Gebrauch gemacht. Wir hoffen aber, dass sich da noch etwas bewegen lässt“, sagte Schücking.