Lange Zeit hatten die ABDA-Offiziellen den Begriff „Apothekensterben“ aus ihrem Wortschatz verbannt. Als Folge des EuGH-Urteils sieht ABDA-Präsident Friedemann Schmidt nun in Sachsen 7000 Arbeitsplätze in Gefahr. Als Präsident der sächsischen Landesapothekerkammer (SLAK) appellierte in einem Interview mit den Dresdner Neuesten Nachrichten (DNN) an die Patienten, ihre Rezepte weiterhin in den örtlichen Apotheken einzulösen. Sonst drohe die Gefahr „zunehmenden Apothekensterbens“.
Insbesondere die Apotheken in Ortschaften mit weniger als 5000 Einwohnern sieht Schmidt in Gefahr. Davon gibt es in Deutschland circa 1000: „Gerade diese Apotheken sind darauf angewiesen, dass die Patienten ihre Rezepte bei ihnen einlösen und sie für die Medikamentenabgabe und Beratung eine Vergütung erhalten“, so Schmidt im Interview. Nirgendwo sonst werde die Medikamentenqualität so gewährgeleistet, weil die Fachkräfte Haltbarkeitsdaten und Wirkstoffqualitäten regelmäßig prüften.
„Indem Patienten ihre Rezepte weiterhin in ihrer Apotheke einlösen, tragen sie zum Erhalt der Versorgung, die gerade im ländlichen Raum wichtig ist, bei“, so der Kammerpräsident. Sie sorgten zudem dafür, dass Arbeitsplätze erhalten blieben, und unterstützten einen wichtigen Steuerzahler der Region: „In vielen Gemeinden ist die Apotheke oftmals das einzige Unternehmen, das beispielsweise den Sportverein oder das Dorffest sponsert.“
Nach Schmidts Angaben gibt es in Sachsen 985 Apotheken. Dort arbeiteten 1600 Apotheker „zuzüglich 3000 bis 4000 qualifizierter Mitarbeiter“. Wendeten sich die Patienten „dauerhaft“ von der Vor-Ort-Apotheke ab und zum Versandhandel hin, „geraten in Sachsen circa 7000 Arbeitsplätze in Gefahr“. Welche Arbeitsplätze er über die Apotheken hinaus in Gefahr sieht, verriet Schmidt nicht.
Trotz der monatelangen politischen Diskussionen über ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln hält der ABDA-Präsident die Gefahren des EuGH-Urteils für noch nicht ausreichend kommuniziert: Zwar seien die Öffnung des Wettbewerbs und eine kostengünstigere Arzneimittelversorgung „gefeiert“ worden. „Doch welche Konsequenzen das Urteil für Patienten nach sich zieht und auch die Gefahr eines zunehmenden Apothekensterbens – gerade in ländlichen Gebieten – wurde kaum öffentlich diskutiert.“
Im Interview mit der DNN betont Schmidt zudem die Bedeutung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) für das Gesundheitssystem. Sie schütze den Patienten davor, „dass seine Notlage durch überhöhte Preise ausgenutzt wird“. Zudem verhinderte die AMPreisV „destruktive Wettbewerbsformen“ und sichere die flächendeckende Arzneimittelversorgung: „Einheitliche Preise für Leistungen sind ein Grundprinzip der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Mit den festgelegten Preisen sind auch die Personalkosten der Apotheken und die Beratungsleistungen für den Patienten abgeglichen.“
Keine Erwähnung findet in diesem aktuellen Interview die ABDA-Unterschriftenkampagne: Bis Ende März hatte die ABDA bundesweit in 600 Apotheken 1,2 Millionen Unterschriften von Patienten für die Unterstützung des Rx-Versandverbots gesammelt. Darüber hinaus hatte die ABDA eine Plakatkampagne gestartet. Unterstützt wurde die ABDA in ihrer Öffentlichkeitsarbeit zudem von der TV-Kampagne „Danke Apotheke!“ des Wort & Bild Verlags. Zudem hatten die Großhändler Noweda und Sanacorp sowie der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) eigene Kampagnen gestartet.
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