Sachsen-Anhalt

Kenia-Koalition setzt auf Telemedizin Lothar Klein, 21.04.2016 14:56 Uhr

Berlin - 

Die künftige schwarz-rot-grüne Kenia-Regierung in Sachsen-Anhalt hat ihren Koalitionsvertrag unter Dach und Fach gebracht. Am Wochenende sollen Parteitage von CDU, SPD und Grünen dem 145 Seiten langen Werk zustimmen. Im Kapitel Gesundheit kommen die Apotheker nicht vor. Die Kenia-Koalition sorgt sich vor allem um die ärztliche Versorgung auf dem Land und setzt dabei auf den Einsatz moderner digitaler Telemedizin.

Neue Gesundheitsministerin in Sachsen-Anhalt wird Petra Grimm-Benne (SPD). Sie wird das Sozialressort übernehmen. Die 53 jährige Mutter zwei Kinder wurde in Wuppertal geboren. Die Rechtsanwältin trat 1988 in die SPD ein und sitzt seit 2002 für die SPD im Magdeburger Landtag.

Seit 2006 ist Grimm-Benne Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt (AWO) des Landes. Grimm-Benne wird als Sozialministerin auf ihren Parteikollegen Norbert Bischoff folgen. Um Gesundheitspolitik hat sich die Juristin bereits seit der vergangenen Wahlperiode als Mitglied des Ausschusses für Arbeit und Soziales gekümmert. Dezidierte Positionen zur Apotheken- oder Arzneimittelpolitik sind von Grimm-Benne allerdings nicht bekannt.

Im Entwurf des Kenia-Koalitionsvertrages kommen weder Apotheken noch andere Aussagen zur Arzneimittelversorgung vor. CDU, SPD und Grüne legen allerdings im Kapitel Gesundheit ein Bekenntnis für eine Versorgung nach „modernen medizinischen Standards für alle Bürgerinnen und Bürger, und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen oder sozialer Situation“ ab.

Der Digitalisierungsprozess in der Medizin sei Basis und Chance für die Gestaltung einer zukunftssicheren Gesundheitsversorgung unserer Menschen. „Nur mit der Unterstützung modernster IT-Lösungen können perspektivisch die demografischen Herausforderungen in unserem Bundesland bezüglich einer flächendeckenden medizinischen Versorgung in hoher Qualität bewältigt werden“, heißt es im Koalitionsvertrag. Der digitale Quantensprung im Gesundheitssektor biete nicht nur große Fortschritte in den medizinischen Einsatzfeldern, sondern er enthält auch bedeutende Potenziale für das gesamte wirtschaftliche Wachstum in Sachsen-Anhalt.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels widmet die Kenia-Koalition ihre Aufmerksamkeit der ärztliche Versorgung im Land. Eine wichtige Säule stelle dabei die hausärztliche Versorgung dar. „Die Hausärztinnen und -ärzte sollen als erste Anlaufstelle bei gesundheitlichen Problemen unterstützt werden“, so der Textentwurf. Bereits im Studium sollen angehende Mediziner gezielt für das Fach Allgemeinmedizin gewonnen werden.

Nach Studienabschluss sollen junge Ärzte zudem durch die Anstellung in medizinischen Versorgungszentren die Möglichkeit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhalten. „Wir werden prüfen, ob wir eine Landeskinderquote für Medizinstudenten einführen können. Sollte dies rechtlich möglich sein, wird diese Quote verbindlich eingeführt“, so der Koalitionsvertrag.

Da wo Praxisgründungen auf dem Lande nicht zu organisieren seien, sollen durch staatliche Förderpolitik die Mobilität der älteren Landbevölkerung durch die Finanzierung von Ruftaxis oder besonderem öffentlichen Personennahverkehr finanziert werden. Daneben gewährleisteten die Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt die flächendeckende Versorgung für die Bevölkerung im Land auf hohem Niveau. Sofern eine ambulante Versorgung durch niedergelassene Ärzte nicht sichergestellt werden könne, sollen Krankenhausstrukturen stärker für die ambulante Versorgung genutzt werden. Zusammen mit den bestehenden Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) sollen sie zu einem Netz regionaler Gesundheitszentren ausgebaut werden.

Ausführlicher befasst sich das Kapitel Gesundheit zudem mit der landesweiten Versorgung mit Hebammen und der Versorgung psychischer und dementieller Erkrankungen. Auch die Pflegepolitik nimmt breiten Raum ein und soll „allen Menschen ein möglichst langes Leben in der gewohnten Umgebung“ermöglichen. Die Einzelzimmerquote für stationäre Pflegeeinrichtungen soll mindestens 80 Prozent erreichen. Derzeit stehen nahezu 50 Prozent der Betten in stationären Einrichtungen in Doppelzimmern. Dies entspreche nicht den Anforderungen einer selbstbestimmten und die Persönlichkeitsrechte umfassend wahrenden Wohnsituation im Alter.

Im Kapitel Gesundheit wird auch eine Novellierung des Bestattungsgesetzes angekündigt. Dabei werden eine interkulturelle Öffnung, die menschenwürdige Bestattung von Sternenkindern und ein Verbot von Grabsteinen aus ausbeuterischer Kinderarbeit angestrebt.