Sachsen-Anhalt

Heilberufe sehen Honorarordnung in Gefahr

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Berlin -

Kammern und Verbände der Heilberufe in Sachsen-Anhalt kritisieren das EuGH-Urteil zu Rx-Boni und bezeichnen das Rx-Versandverbot als ein „zielführende Option“. Zwar erfahren die Apotheker immer mehr Unterstützung von anderen Heilberufen, die Forderung nach einem Rx-Versandverbot wird aber etwas zaghafter formuliert. 

Immer mehr Heilberufe melden sich zu Wort und stellen sich an die Seite der Apotheker. Nach Westfalen-Lippe, Bayern, Schleswig-Holstein kritisierten nun auch Vertreter der Heilberufe aus Sachsen-Anhalt das EuGH-Urteil zu Rx-Boni. Dem deutschen Souverän würden durch das Urteil die Gestaltungsmacht über einen Kernbereich des nationalen Gesundheitssystems entzogen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. In der Folge stehe zu befürchten, dass auch in Deutschland die Arzneimittelpreisbindung und damit erstmals die Honorarordnung eines freien Heilberufes zu Fall gebracht werde.

„Wer denkt, die Probleme haben nur die Apotheker, sollte über den Tellerrand schauen. Denn schon morgen kann es Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten treffen, die in ihrer freiberuflichen Tätigkeit eingeschränkt werden“, warnte Mathias Arnold, Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt.

Etwas vorsichtiger formulieren die Heilberufe, die in Sachsen-Anhalt nach eigenen Angaben mehr als 16.000 Mitglieder vertreten, ihre Forderung nach einem Rx-Versandverbot. Die Diskussion um das Urteil habe gerade erst begonnen. „Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint den Heilberufen in Sachsen-Anhalt die von verschiedenen Gesundheitspolitikern und Bundesländern angeregte Einschränkung des Versandhandels von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln als eine zielführende Option“, heißt es in der Pressemitteilung der Organisationen, zu denen unter anderem die Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt gehören.

„Undifferenzierten Forderungen nach vermeintlich segensreichen Liberalisierungen – insbesondere seitens der Europäischen Kommission“ wird von den Kammern und Verbänden der Heilberufe in Sachsen-Anhalt allerdings eine deutliche Absage erteilt. Gemäß den EU-Verträgen sollte es der Souveränität der EU-Mitgliedstaaten selbst überlassen sein, ihr Gesundheitswesen eigenständig auch im Hinblick auf den Patientenschutz zu gestalten. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel sei Teil einer freiberuflichen Honorarordnung. Sie schütze die Bürger vor einer Übervorteilung und ermögliche es, die Interessen von Patienten und Kostenträgern einerseits sowie Apothekern andererseits ausgewogen auszugleichen.

„Wer sagt denn überhaupt, dass Wettbewerb nur dem Vorteil der Patienten dient. Das Gegenteil kann genauso eintreffen, wenn demnächst weniger Apotheken mehr Patienten versorgen. Dann kann der Preis für Arzneimittel auch nach oben – statt wie gewünscht nach unten – gehen“, erklärte Dr. Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt. Die Industrie mache es bereits vor: „Immer dort, wo eine Konzentration weniger Anbieter besteht, steigen die Preise“.

Nach Auffassung der Heilberufe in Sachsen-Anhalt ist die Arzneimittelpreisbindung integraler Bestandteil des Sachleistungsprinzips in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das EuGH-Urteil verschaffe jedoch Patienten, die von Arzneimittel-Zuzahlungen befreit sind, eine Einnahmequelle. Über Boni von ausländischen Versandapotheken würden damit Fehlanreize zulasten der Solidargemeinschaft gesetzt. Die Organisationen der Heilberufe sind überzeugt: „Rosinenpickerei durch ausländische Versandhändler schädigt das flächendeckende Netz der vollversorgenden wohnortnahen Apotheken. Viele drohen unkontrolliert vom Markt zu verschwinden“.

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