GroKo-Verhandlungen

Rx-Versandverbot: Union sucht Konsens

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Berlin -

Im Wahlkampf haben CDU und CSU keine Gelegenheit ausgelassen, an der Seite der ABDA für ein Rx-Versandverbot zu streiten. Aber wie ernst war das gemeint? In die abschließenden GroKo-Verhandlungen über die Gesundheitspolitik zieht die Union jedenfalls mit konsensorientierten Positionen – auch zur Apothekenpolitik. Ein internes Strategiepapier der Union lässt Spielraum für Interpretationen. Es gibt interessante Unterschiede zum Wahlprogramm.

„Wir garantieren eine gute ärztliche Versorgung im ländlichen Raum. Die Versorgung durch ein ortsnahes Apothekenangebot werden wir sichern, indem wir den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbieten“, hieß es Mitte 2017 im gemeinsamen Wahlprogramm der Union. Auch im Wahlkampf beteuerten viele CDU- und CSU-Bundestagskandidaten ihre volle Unterstützung für ein Rx-Versandverbot als einzig richtige politische Antwort auf das EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016.

Im internen Strategiepapier für die GroKo-Verhandlungen liest sich diese Aussage jetzt so: „Wir wollen sicherstellen, dass Apotheken auch außerhalb der Ballungsräume existieren können. Wir setzen uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Deutschland ein.“ Knallharte Bedingungen formuliert man anders.

Auch eine weitere Formulierung lässt Interpretationen zu: Zusammenarbeit und Vernetzung im Gesundheitswesen müssten ausgebaut und verstärkt werden, heißt es an einer anderen Stelle. Zur Erreichung einer sektorenübergreifenden Versorgung sollten „nachhaltige Schritte“ eingeleitet werden. Und: „Zu einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung gehört für uns neben einer gut erreichbaren ärztlichen Versorgung auch eine wohnortnahe Geburtshilfe und Apotheken vor Ort (insbesondere Notfallversorgung).“ Der Sinn der Klammer bleibt hier offen. Ist damit eine Einschränkung gemeint? Unterscheiden sich Apotheken vor Ort zur Notfallversorgung womöglich von „normalen“ Apotheken?

Schon an anderer Stelle hatte die CSU bei der Vorbereitung der GroKo-Verhandlungen mit Blick auf die Apotheken gepatzt: Zunächst hatte die Partei die Apotheken in ihrer Beschlussvorlage für ihr traditionelles Treffen zum Jahresauftakt im Kloster Seeon ganz vergessen. Im Endwurf der Beschlussvorlage zum Thema „Stark in allen Regionen – eine neue Strukturpolitik für Deutschland“ fehlten zunächst Aussagen zur Apothekenpolitik. Es musste nachgebessert werden.

„Wir wollen sicherstellen, dass Apotheken auch außerhalb der Ballungsräume existieren können. Wir setzen uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in Deutschland ein“, hieß es dann bereits im endgültigen Beschluss. Auch hier wurde die klare Formulierung des Wahlprogramms nicht wiederholt.

Im internen Strategiepapier zeichnen sich auch Kompromisslinien für den von der SPD geforderten Ausstieg aus der „Zwei-Klassen-Medizin“ ab. Eine Bürgerversicherung führe nicht zu einer besseren Versorgung der GKV-Versicherten, heißt es zwar darin. Auch eine gemeinsame Gebührenordnung für Kassen- und Privatpatienten trage nicht zur Lösung der drängenden Herausforderungen bei, sondern würde zusätzliche Belastungen für GKV-Versicherte durch Beitragserhöhungen erzeugen. „Insgesamt würden finanzielle Umverteilungen zwischen Haus- und Facharztgruppen sowie zwischen den Ländern und Regionen stattfinden – ohne positive Auswirkungen auf medizinische pflegerische Leistungen zu haben.“

Die Union will stattdessen aber die Situation der GKV-Patienten in den Wartezimmern verbessern. Dazu soll die Bekanntheit von und der Zugang zu Terminservicestellen erhöht werden. Termine zu Haus- und Kinderärzten sollen ebenfalls von den Terminservicestellen vermittelt werden. „Das Sprechstundenangebot der Vertragsärzte für GKV-Versicherte soll erweitert werden“, heißt es. Das fordern auch die Krankenkassen.

Teilweise aufheben will die Union die Budgetierung bei den Ärzten insbesondere für Termine, die durch die Terminservicestellen vermittelt werden sowie bei besonderen regionalen Versorgungsbedarfen. Das heißt im Klartext: Dafür sollen die Ärzte mehr Honorar abrechnen können. Der EBM als Honorarrahmen für die GKV-Versicherten soll reformiert werden, um „mehr Anreize zur persönlichen Zuwendung (z.B. Sprechende Medizin) und mehr Einzelleistungsvergütungen für besonders förderungswürdige Leistungen (z.B. Hausbesuche) zu schaffen“. In der ambulanten Versorgung soll auch für GKV-Patienten die „Anwendung neuer Methoden mit Potential noch weitergehender ermöglicht“ werden.

Zur Sicherung der ambulanten medizinischen Versorgung sollen regionale kassenärztliche Vereinigungen (KV) mehr Geld erhalten. Die Mittel sollen insbesondere für Zuschüsse zu Investitionskosten bei Neuniederlassungen, Praxisübernahmen, der Gründung von Zweigpraxen, für Zuschläge zur Vergütung und zur Ausbildung, Stipendien sowie zur Förderung von lokalen Gesundheitszentren für die medizinische Grundversorgung verwendet werden. Die KVen sollen beim Arztmangel selbst Praxen betreiben müssen. Mobilen Arztpraxen und der Einsatz von Patientenbussen gehört ebenfalls zum Maßnahmenkatalog. Solche Aussagen kann wohl auch die SPD unterschreiben.

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