Dietmar Bittenbinder ist ein engagierter Apotheker und seit fast 50 Jahren Mitglied der FDP. Doch jetzt hat der Gewinner des Deutschen Apothekerpreises 2016 die Nase voll von den Freien Demokraten. Als Reaktion auf die Unterstützung des Rx-Versandhandels durch FDP-Chef Christian Lindner, wendet sich der Inhaber der Apotheke am Burgunderplatz in Limburgerhof von den Liberalen ab: Er könne nur den Kopf schütteln über seine Partei.
In einem Schreiben an Lindner geht Bittenbinder hart mit der Positionierung der Freien Demokraten zum Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ins Gericht: „Wer soll noch FDP wählen, wenn jetzt sogar die liberalen Stammwähler in den Apotheken und Arztpraxen die Nase voll haben und ihr Kreuz an einer anderen Stelle des Wahlzettels anbringen? Haben Sie wirklich solch kurzsichtige Berater und Gesundheitsexperten, denen nichts Besseres einfällt, als solche Harakiri-Ideen unters Volk zu bringen?“
Mit Entsetzen habe er gelesen, „dass sich meine Partei mit breiter Brust für den Versand von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch in- und ausländische Versandapotheken stark macht“, so Bittenbinder. „Sind die Freien Demokraten tatsächlich so tief gesunken, den lokalen Einzelhandel ohne Not dem internationalen Großkapital auszuliefern?“. Was nütze es den Menschen, wenn jetzt auch noch immer mehr verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Rücksicht auf Kontra- und Interaktionen konsumiert und ohne fachkundige, persönliche Beratung auf Kosten der Umwelt durch in- und ausländische Versandapotheken kreuz und quer durch die Republik gekarrt würden.
Bittenbinder sorgt sich um die „alten und chronisch-kranken Patienten“, wenn dadurch die Arzneimittelversorgung auf dem flachen Land leidet und tausende hochqualifizierte Mitarbeiter arbeitslos werden. Bittenbinder an Lindner: „Als alter Fuhrmann sehe ich schwarz, wenn dieser Kurs nicht gestoppt wird, denn eine immer größere Zahl der Wähler hat jetzt im wahrsten Sinne des Wortes die Schnauze voll von diesem ganzen Politikergerede und -getue, von Denen-da-oben, die den Bezug zur Realität der Menschen-da-unten in allen Lebens- und Gesellschaftsbereichen verloren haben.“
Es gebe genug Problemfelder, auf denen man sich als Vorsitzender einer freien und demokratischen Partei profilieren könne. „Schade um Ihr großes Talent, Ihr Engagement und Ihren selbstlosen Einsatz für die falschen Ziele und Visionen!“ Persönlich wünsche er Lindner „alles erdenklich Gute“. Er könne aber nur den Kopf schütteln über seine Partei, deren führende Köpfe nichts Besseres einfalle als – wie alle anderen – „in Deutschland und dem Rest Europas nach den Pfeife der Lobby, der Habgierigen und Milchmädchenrechner dieser Welt zu tanzen.“
Im Zusammenhang mit dem NRW-Landesparteitag der FDP, hatte Lindner im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) ein Verbot des Rx-Versandhandels abgelehnt: „Es wäre falsch, die Apotheken unter Naturschutz zu stellen und den Versandhandel zu verbieten.“ Man brauche aber einen fairen Wettbewerb, sagte Lindner und plädierte für einen Ausgleich über das Apothekenhonorar, wie er auch von der SPD vorgeschlagen wird. „Apotheken sollten etwa für zusätzliche Beratungsleistungen und die Erbringung einer Grundversorgung besser vergütet werden, auch muss man Begrenzungen des Sortiments in Frage stellen“, so Lindner und weiter: „Statt Verbote, die uns in das letzte Jahrhundert katapultieren, brauchen wir bessere Regeln für Wettbewerb. Das bleibt Herr Gröhe leider schuldig.“
Auf Facebook spottete Lindner, der nicht nur FDP-Chef im Bund, sondern auch Spitzenkandidat bei der im Frühjahr anstehenden Landtagswahl in seinem Heimatland NRW ist, über die Reaktionen der Apotheker: „Spannend, wie meine marktwirtschaftliche Position zu Versandhandel und Apotheken in der Branche aufgegriffen wird... Liberale können eben nicht einseitig für einen Anbieter Partei ergreifen. CL #ausFehlerngelernt #neueFDP“
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