Rx-Versandverbot

Leere Hände statt Entscheidungen Lothar Klein, 12.11.2016 09:44 Uhr

Berlin - 

Für ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sollte es die Woche der Entscheidung werden. Die Koalitionsfraktionen würden sich Pro oder Contra Rx-Versandverbot festlegen, so seine Erwartung. Am Ende der Woche steht die ABDA mit leeren Händen da. Erwartungen und Hoffnungen auf rasche Handlungen haben sich nicht erfüllt.

Im Gegenteil: Die Diskussion über die politischen Konsequenzen zieht sich in die Länge. Damit wächst die Gefahr, dass ein Rx-Versandverbot selbst bei einem Konsens in der Regierungskoalition vor der Bundestagswahl kaum noch zu schaffen ist.

Am Donnerstag trafen sich die Gesundheitspolitiker von Union und SPD erneut mit der Rx-Versandverbot-Beauftragten des BMG, Staatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU), zu einen „Informationsgespräch“. Der Termin blieb wieder ohne greifbares Ergebnis. „Das hätte nicht sein müssen“, hieß es anschließend in den Reihen der Gesundheitspolitiker der Koalition. „Wir haben nichts Neues erfahren. Jetzt muss das BMG erst mal etwas vorlegen.“

Denn tags zuvor hatte Fischbach bereits im Gesundheitsausschuss des Bundestages die Sachlage aus Sicht des BMG dargelegt. Danach hält das BMG an seiner Ankündigung fest, ein Rx-Versandverbot als Lex DocMorris auf den Weg zu bringen. Klar ist damit, dass die laufende Beratung des Pharmadialog-Gesetzes (AM-VSG) nicht mit dem EuGH-Thema belastet wird.

Dafür hat sich unter der Woche ein anderer wichtiger Aspekt herauskristallisiert: Das Rx-Versandverbot muss in der EU notifiziert werden. Über den exakten Ablauf gibt es zwar noch keine Klarheit. Aber so viel steht fest: Die Notifizierung verzögert die Gesetzgebung um bis zu sechs Monate. Erwartet wird, dass die Niederlande als Standort von DocMorris und der Europa Apotheek alle Möglichkeiten der Notifizierung ausschöpfen. Da im Herbst 2017 der neue Bundestag gewählt wird, bleibt für die Gesetzgebung nur noch bis zum Sommer Zeit. Die Zeit läuft der ABDA davon.

Außerdem hat sich der Nebel um die Haltung der SPD zum Rx-Versandverbot immer noch nicht geklärt. Aus dem Lager von Fraktion-Vize Professor Dr. Karl Lauterbach heißt es, die SPD bliebe bei ihrem Nein. Die für Arzneimittelfragen zuständige Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar äußerte sich doppeldeutig: Die SPD-Arbeitsgruppe für Gesundheit habe intensiv mit dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni auseinandergesetzt. Da es derzeit noch zu viele offene Fragen gebe, habe man sich innerhalb der Arbeitsgruppe darauf verständigt, Sorgfalt vor Eile walten zu lassen.

Zunächst wolle man alle diskutierten Optionen auf ihre europa- und verfassungsrechtliche Umsetzbarkeit und Rechtssicherheit prüfen lassen, bevor man sich festlege. Anderseits hält Dittmar nach Angaben ihres Büro an ihrer einen Tag nach dem EuGH-Urteil geäußerten Einschätzung fest: „Wir können den Versandhandel den Verbrauchern nicht mehr wegnehmen.“

Und im Gesundheitsausschuss des Bundesrates haben offenbar SPD-geführte Länder wie NRW und Niedersachsen dem Rx-Versandverbotsantrag aus Bayern zugestimmt. Aber darauf kann die ABDA keine Hoffnungen bauen. Das Bundesgesundheitsministerium wird den Antrag stoppen, weil das es das Rx-Versandverbot aus dem AM-VSG heraushalten will.

Und dann wäre da noch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi): Bereits vergangene Woche zeigte BMWi-Staatssekretär Dr. Rainer Sontowski dem Rx-Versandverbot die gelbe Karte. Sontowksi warnet vor „Schnellschüssen“ und forderte „kluge Entscheidungen“. Statt einen Verbots will das BMWi über einen „Nachteilsausgleich“ für inländischen Apotheken nachdenken. Mit den Blick auf die Zeitabläufe erlangte diese Positionierung im Laufe dieser Woche immer größeres Gewicht.

Ist nämlich ein Rx-Versandverbot nicht mehr vor der Bundestagswahl erreichbar, kommt das im Herbst anstehende Gutachten zum Apothekenhonorar ins Spiel. Darum muss sich dann die nächste Bundesregierung kümmern. Und das kann dauern. Inzwischen hat denn auch ABDA-Präsident Schmidt seine zeitlichen Erwartungen zurückgedreht. Die Umsetzung des versprochen Rx-Versandverbotes werde sich noch über Monate hinziehen – und auch darin steckt noch viel Optimismus.