„Wir können uns keine Honorardebatte leisten“ Lothar Klein, 08.11.2016 10:10 Uhr
In der Unionsfraktion gibt es laut Michael Hennrich (CDU) eine breite Mehrheit für ein Rx-Versandverbot. „Bisher sehe ich große Zustimmung bei der Fraktion“, sagt der für Arzneimittelfragen zuständige Gesundheitspolitiker zu Beginn der entscheidenden Verhandlungen in der Koalition. Die Idee eines „Nachteilsausgleichs“ für die Apotheken vor Ort lehnt Hennrich ab. Das würde zu „jahrelangen Diskussionen“ führen.
ADHOC: SPD und Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) gehen auf Distanz zum Rx-Versandverbot. Wie groß schätzen Sie die Chancen ein?
HENNRICH: Ich halte am Verbot fest und bin froh, dass das unionsregierte Bayern am Freitag im Bundesrat einen Vorschlag auf den Tisch gelegt hat. Dieser Vorschlag erfährt gerade auch bei SPD-geführten Landesregierungen viel Unterstützung.
ADHOC: Es gibt auch in der Union Stimmen für den Erhalt des Rx-Versandhandels.
HENNRICH: Bisher sehe ich große Zustimmung bei der Fraktion und es freut mich, dass sich auch unser Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe diesem Vorschlag angeschlossen hat. Skepsis herrscht vor allem noch bei der SPD.
ADHOC: Gibt es einen Plan B der Gesundheitspolitiker der Union?
HENNRICH: Wir sind am Anfang der Verhandlung über die gesetzgeberische Reaktion zum EuGH-Urteil. Mein Ziel steht fest: Ein Verbot des Versandhandels im Rx-Bereich, da ausländische Versandapotheken mit ihren Dumpingpreisen die Versorgung im Land gefährden. Wenn wir jetzt schon die Flinte ins Korn werfen würden, müssten wir gar nicht erst mit dem Verhandeln anfangen.
ADHOC: Kann der Gesetzgeber den Patienten die Rx-Boni wieder wegnehmen, um den Vorteil für ausländische Versandapotheken zu neutralisieren?
HENNRICH: Meines Erachtens ist es eine Selbstverständlichkeit, dass es keine Bonuszahlungen direkt an die einzelnen Patienten bei GKV-finanzierten Arzneimitteln geben kann. Mit der eigenen Krankheit darf man nicht Kasse machen. Wenn ein System solidarisch finanziert ist, müssen auch die Rabatte der Solidargemeinschaft zugutekommen.
ADHOC: Was halten Sie vom BMWi-Vorschlag des „Nachteilausgleichs“, einen Teil des Apothekenhonorars für Rabatte und Boni an Kunden freizugeben?
HENNRICH: Hier liegt kein konkreter Vorschlag auf dem Tisch. Das würde jahrelange Diskussionen über die Ausgestaltung dieses Honorars geben und eine unfassbar komplexe Umsetzung erfordern. Das können wir uns nicht leisten.
ADHOC: Muss ein Rx-Boni-Verbot in der EU notifiziert werden?
HENNRICH: Das ist bei Fragen nach Zeitplänen einzukalkulieren. Abschließend wird die Bundesregierung diese Frage beantworten.
ADHOC: Kann das Rx-Versandverbot noch im AM-VSG beschlossen werden oder muss es ein eigenes Gesetz geben?
HENNRICH: Beide Varianten sind denkbar. Ich denke hier in Lösungen, diese Verfahrensfrage spielt im Ergebnis keine Rolle.
ADHOC: Welche Rolle spielt die ABDA in den Beratungen zum Rx-Versandverbot?
HENNRICH: Die ABDA ist genauso wie viele andere am Gesundheitssystem beteiligten Akteure ein relevanter Ansprechpartner. Wir sind natürlich auch mit Patientenorganisationen und Kassen im Gespräch.