Rx-Versandverbot

Versender: Gröhe riskiert Staatshaftung

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Berlin -

Die Versandapotheken fahren in der Debatte um ein Rx-Versandverbot schwere Geschütze auf: Deutschland drohe gegenüber internationalen Marktteilnehmern in Staatshaftung genommen zu werden, sollten die Pläne von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) umgesetzt werden, so ein Gutachten, das der Branchenverband BVDVA in Auftrag gegeben hat.

Ein Rx-Versandverbot sei „EU-rechtlich sehr riskant“ und blockiere zudem den digitalen Fortschritt, so der BVDVA. Der Verband, der etwa 30 deutsche Versandapotheken vertritt und knapp 20 Fördermitglieder hat, hat bei Professor Dr. Christian Koenig, Direktor des Zentrums für Europäische Integrationsforschung der Universität Bonn, ein europarechtliches Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Unternehmen werden demnach entsprechende Klagen vorbereiten und sich auf das Europarecht berufen. Dann werde am Ende nicht nur das Verbot rückgängig gemacht werden müssen. Es seien zudem hohe Schadenersatzzahlungen für diese Unternehmen fällig, so der BVDVA.

„Wir werden die Ergebnisse, die an Eindeutigkeit keine Fragen offen lassen, in Kürze den Mitgliedern des Deutschen Bundestages vorstellen“, sagt Udo Sonnenberg, Geschäftsführer des BVDVA. „Die Errungenschaften der Europäischen Union inklusive des Binnenmarktes sind ein hohes Gut. Wenn wir Europa immer nur dann gut finden, wenn es für uns selbst am günstigsten ist, untergraben wir nicht nur die europäische Idee, sondern gefährden unseren eigenen Wohlstand.“

Gemeinsam mit der Kanzlei Diekmann hatte König bereits 2008 im Verfahren um das Fremdbesitzverbot DocMorris vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vertreten. In der schriftlichen Stellungnahme hoben die Anwälte auf die wirtschaftlichen Vorteile von Kettenkonzernen ab: Diese hätten die finanziellen Möglichkeiten und ein Interesse daran, in eine qualitativ hochwertige Versorgung zu investieren.

Bei Individualapothekern sei dagegen wegen des Spardrucks ein „allgemeiner Rückgang von Investitionen in Konzepte zur pharmazeutischen Qualität und Sicherheit zu befürchten“. Im Übrigen sei auch ein angestellter Heilberufler nicht weisungsgebunden, sofern die Einhaltung der berufs- und standesrechtlichen Vorgaben tangiert sei.

In der mündlichen Verhandlung hatte König versucht, die von den Apothekern in der schriftlichen Stellungnahme vorgebrachten Erfahrungen aus Norwegen zu widerlegen: „Gesundheitsgefährdungen und finanzielle Belastungen als Folgen der Liberalisierung bestehen nicht – gerade in Norwegen nicht.“

Laut König haben weder die gestiegenen OTC-Abgabemengen noch die Zahl der Vergiftungen etwas mit der Liberalisierung des Apothekenmarktes in Norwegen zu tun; sie seien vielmehr die Folge der Entlassung bestimmter OTC-Produkte aus der Apothekenpflicht. Für die Kontrolle der Arzneimittelpreise seien regulatorische Maßnahmen einem Fremdbesitzverbot vorzuziehen.

„Es gibt keine Nachweise für die behaupteten Gefährdungszusammenhänge“, so König. Diese hätten aber von den Mitgliedstaaten erbracht werden müssen, und zwar unter gewissen wissenschaftlichen Standards und auf der Grundlage der zuverlässigsten Daten. König verwies auf „die ganz herausragende Bedeutung“ einer erst im August 2008 veröffentlichten, offenbar aber von DocMorris geförderten Studie, die der Duisburger Gesundheitsökonom Professor Dr. Jürgen Wasem zu den Erfahrungen in Großbritannien und Norwegen durchgeführt hatte.

Laut König investieren Kettenapotheken mindestens im gleichen Maßstab in Maßnahmen zur Qualitätssicherung wie unabhängige Apotheken. Außerdem gebe es keine Hinweise, dass die Eigentümerstruktur die Auswahl der abgegebenen Arzneimittel beeinflusse. Das Beispiel der Rabattverträge zeige, wie wenig Einfluss den Apotheken bei der Auswahl der Arzneimittel bleibe. König: „Die Rechtfertigung des Fremdbesitzverbotes muss scheitern.“

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