Die Grünen werfen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mit Blick auf das angekündigte Rx-Versandverbot „falsches Spiel“ mit den Apotheken vor. Es sei unverantwortlich, dass Gröhe nach Außen für ein Versandverbot eintrete, „während in seinem eigenen Haus eine Prüfung der zu ergreifenden Maßnahmen noch gar nicht abgeschlossen ist“, kommentiert Kordula Schulz-Asche eine Antwort des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf eine parlamentarische Anfrage. „Wird hier die Öffentlichkeit an der Nase herumgeführt?“
Schulz-Asche hatte die Bundesregierung gefragt, ob Gröhe im Detail abgewogen habe, welche Chancen und Risiken das angekündigte Rx-Versandverbot habe. Für das BMG antwortete Staatssekretär Lutz Stroppe: Man prüfe, ob und gegebenenfalls „welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicher zu stellen“. Es dürfe in Folge des EuGH-Urteils nicht zu einer ungerechten Lastenverteilung zwischen Vor-Ort- und Versandapotheken kommen. Verhindert werden müsse, dass Vor-Ort-Apotheken nicht mehr „konkurrenzfähig sind“. Die Prüfung sei derzeit noch nicht abgeschlossen, so Stroppe.
Schulz-Asche sieht in dieser Formulierung ein Abrücken des BMG vom Rx-Versandverbot. Nach dem EuGH-Urteil habe sich Gröhe öffentlich sehr schnell festgelegt und dies durch seine Staatssekretäre bei verschiedenen Veranstaltungen auch immer wieder betonen lassen. Die Antwort zeige jetzt, dass im BMG die Positionierung aber keinesfalls so eindeutig ausfalle, so die Gesundheitspolitikerin der Grünen.
Wie schon vor dem EuGH tue sich die Bundesregierung schwer, nachweisbare Gründe und Indizien vorzulegen, die tatsächlich ein Versandverbot rechtfertigen würden. Genau wie beim EuGH-Verfahren um die Preisbindung habe man tatsächliche Gründe nie vorgebracht, sondern immer nur von einer möglichen Gefährdung gesprochen. „Das Gesundheitsministerium lässt in der Öffentlichkeit keine Möglichkeit aus, für ein Versandhandelsverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu trommeln“, so Schulz-Asche. „In Wahrheit schwimmt die Bundesregierung jedoch.“
Die Bundesregierung habe offenbar keinen Schimmer, wie sie ein solches Verbot so rechtfertigen wolle, dass es sowohl verfassungs- als auch europarechtlich Bestand habe. Bisher prüfe man beim BMG lediglich, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen ergriffen werden müssten, um die Gesundheitsversorgung zukünftig sicherzustellen: „Kein Wort von dem sich angeblich schon in Bearbeitung und in Ressortabstimmung befindenden Versandhandelsverbot.“
Schulz-Asche: „Es ist nun endlich an der Zeit, dass die Bundesregierung offen legt, welche Maßnahmen als Reaktion auf das Urteil des EuGH geprüft werden und welche Chancen und Risiken diesen im Einzelnen zugeordnet werden. Minister Gröhe sollte sein falsches Spiel mit den Apothekern beenden und reinen Tisch machen, wie er im Interesse der Patienten die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln gestalten will.“
Für den 28. November hat Schulz-Asche zu einem „Fachgespräch“ zum Rx-Versandverbot eingeladen. Dort kreuzen erstmals ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und DocMorris-Vorstand Max Müller verbal die Klingen; in der Vergangenheit war die ABDA solchen Veranstaltungen stets fern geblieben. Schulz-Asche hatte sich zuletzt auf Twitter über die ABDA-Kampagne lustig gemacht, auch sonst ist sie pro Versandhandel und pro Liberalisierung.
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