SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach schwört seine Genossen auf das Nein zum Rx-Versandverbot ein. Gerade Menschen in strukturschwachen Regionen seien auf den Versandhandel angewiesen. Das Szenario eines Apothekensterbens weist er als abwegig zurück.
„Für das Hauptargument, die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung durch Präsenzapotheken sei gefährdet, weil der Wettbewerb mit dem Versandhandel die Apotheken vor Ort in ihrer Existenz bedrohe, werden keine Belege geliefert“, schreibt Lauterbach an die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion. Im Übrigen habe der EuGH exakt diese Argumentation in seiner Urteilsbegründung verworfen.
Lauterbach weist darauf hin, dass der Anteil des Versandhandels im Rx-Bereich bei weniger als 0,5 Prozent liegt. „Die wirtschaftliche Lage der allermeisten Apotheken ist gut“, so der SPD-Politiker. Unmittelbar nach Zulassung des Versandhandels sei die Zahl der Apotheken sogar angestiegen. Auch in den sechs anderen EU-Ländern mit zugelassenem Rx-Versandhandel – Dänemark, Estland, Finnland, Niederlande, Schweden und Großbritannien – sei kein Apothekensterben zu verzeichnen.
„Dennoch sind die Sorgen der Apotheker nach dem EuGH-Urteil teilweise nachvollziehbar“, schreibt Lauterbach. Allerdings sei eine Reform des Apothekenhonorars mit „besserer Bezahlung der wichtigen Beratungsleistung und der Notdienste“ sinnvoller als ein „unzeitgemäßes Rx-Versandhandelsverbot“. Lauterbach: „Derzeit gibt es keine Möglichkeit für Apotheker, eine besonders aufwendige Aufklärung des Patienten zu seinen Arzneimitteln abzurechnen, obwohl dafür großer und wachsender Bedarf besteht.“
Zu guter Letzt gibt Lauterbach zu Protokoll, dass die Apothekendichte im ländlichen Raum eng verknüpft mit der Anzahl der Hausarztpraxen sei. „Mit anderen Worten: Wenn genügend Landärzte da sind, gibt es auch kein ‚Apothekensterben‘. Entsprechende Lösungen für die ärztliche Versorgung im ländlichen Bereich haben wir bereits auf den Weg gebracht.“
Dennoch sei es möglich, dass Apotheken aus verschiedensten Gründen schlössen, räumt Lauterbach ein. Sein Schlussfolgerung lautet jedoch: „Würden wir den Versandhandel verbieten, wären speziell die Menschen in strukturschwachen Gebieten doppelt bestraft.“
Gestern hatte Lauterbach angekündigt, die SPD werde „zeitnah“ eigene Vorschläge für eine angemessene Reaktion auf das EuGH-Urteil vorlegen. Ein Rx-Versandverbot werde man aber nicht mittragen: „Wir können die Menschen nicht zwingen, in die Apotheke gehen zu müssen“, so Lauterbach. Der Versandhandel sei „bei den Leuten sehr beliebt“. Er sei eine „angenehme und bequeme Alternative“. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) warf er vor, zu schnell vor dem „Druck der Lobby“ eingeknickt zu sein. „Ich bin überrascht, wie rasch Gröhe nachgegeben hat“, so Lauterbach. Kritisch äußerte er sich auch zum Ja einiger SPD-regierter Länder zum Antrag Bayerns für ein Rx-Versandverbot. „Das halte ich für falsch. Das war das falsche Signal.“
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