Die meisten EU-Staaten verbieten Rx-Versandhandel APOTHEKE ADHOC, 25.10.2016 12:31 Uhr
Drei Viertel aller EU-Mitgliedstaaten verbieten den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Nach dem EuGH-Urteil zu Rx-Boni fordert ABDA-Präsident Friedemann Schmidt den deutschen Gesetzgeber auf, die Rahmenbedingungen für das Gesundheitswesen auf nationaler Eben zu setzen.
Deutschland ist eines der lediglich sieben von 28 EU-Mitgliedstaaten, in denen der Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln – zum Teil nur unter sehr restriktiven Bedingungen – erlaubt ist. Dies zeigt eine Auswertung der ABDA. Neben der Bundesrepublik handele es sich dabei um Dänemark, Estland, Finnland, die Niederlande, Schweden und Großbritannien.
Die Mehrheit der EU-Länder mache von ihrem Recht Gebrauch, die Rahmenbedingungen für ihr eigenes Gesundheitswesen auf nationaler Ebene zu setzen, so die ABDA. Schmidt fordert den Gesetzgeber erneut auf, auch in Deutschland „seinen Handlungsspielraum wiederherstellen, um den Patienten auch in Zukunft eine funktionierende Arzneimittelversorgung garantieren zu können“.
Angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus den vergangenen Jahren sei das Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln nach Auffassung der ABDA europarechtlich zulässig. So hatte der EuGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2003 im Rechtsstreit zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und DocMorris geurteilt, dass jeder EU-Mitgliedstaat den Versandhandel zwar mit rezeptfreien, nicht jedoch mit verschreibungspflichtigen Medikamenten freigeben muss. Der deutsche Gesetzgeber hat im Vorgriff auf diese Entscheidung den Versand aber schon komplett freigegeben.
Ihre Entscheidung begründeten die Richter mit dem unterschiedlichen Gefahrenpotenzial von OTC- und Rx-Arzneimitteln. Grundsätzlich bewerteten sie ein Versandverbot als Beschränkung des freien Warenverkehrs. Allerdings sei diese nach EU-Recht zulässig, wenn sie zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen notwendig ist. Bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sei dies der Fall, bei OTC-Produkten dagegen nicht.
Die Option eines Rx-Handelsverbots wurde im Jahr 2011 durch die EU-Richtlinie 2011/62 zur Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen bestätigt. So wird in der Richtlinie unter Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung geregelt, dass die Bedingungen für die Arzneimittelabgabe – einschließlich einer Apothekenpflicht und eines Versandverbots für verschreibungspflichtige Arzneimittel – durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden dürfen.
„Die deutsche Politik ist jetzt dringend gefordert. Wir sollten keine weiteren Apothekenschließungen riskieren“, appelliert Schmidt. Die Apothekendichte sei in Deutschland bereits heute unter dem europäische Durchschnitt von 31 Apotheken pro 100.000 Einwohner. Deutschland komme auf 25 Apotheken pro 100.000 Einwohner. Frankreich hat nach Angaben der ABDA mit 33 Apotheken eine leicht überdurchschnittliche Apothekendichte, während Italien und Polen mit jeweils 30 Apotheken zwar unter dem EU-Schnitt, aber immer noch über Deutschlands Apothekendichte liegen.