Wie viele andere CDU/CSU-Bundestagsabgeordnete hat auch Katja Leikert als Mitglied des Gesundheitsausschusses besonders viele Briefe zum Thema Rx-Versandverbot erhalten. Nicht nur über 1000 DocMorris-Postkarten stapeln sich in ihren Büros in Berlin und im Wahlkreis in Hessen. Viele Briefe und Mails kamen auch von Apothekern. Darunter waren auch viele nicht besonders freundliche Mitteilungen. Jetzt aber hat Leikert eine Postkarte erreicht, die unter die Gürtellinie geht und die Grenzen des politischen Anstands bei Weitem überschreitet.
Neben ihrer Anschrift steht schräg von unten links nach oben rechts geschrieben: „DocMorris Hure“. „Das geht dann doch zu weit“, so Leikert und hat die Postkarte auf ihrer Facebook-Seite als abschreckendes Beispiel veröffentlicht. „Ich habe einige Zuschriften erhalten, die gegen Sitte und Anstand verstoßen, aber das hat mich empört“, sagt die Politikerin. Nur zwei Themen hätten in der letzten Zeit solche Reaktionen hervorgerufen: Bei den Zuschriften zum Thema Flüchtlingskrise und zum Arzneimittelversandhandel gebe es vom Niveau her „relativ wenig Unterschiede“.
Die Kommentatoren auf Leikerts Facebook-Seite sind ebenfalls empört: „Bei aller Kritik an Ihrer Nähe zu insbesondere DocMorris, so was geht gar nicht!“, schreibt beispielsweise Thomas Luft, Apotheker aus Edingen-Neckarhausen. Dabei weiß Leikert nach eigenem Bekunden gar nicht, wie sie in die Nähe zu DocMorris geraten konnte. Auch Rolf Lachenmaier, bekannt als eifriger Kommentator aus vielen Internetforen, findet das unanständig: „Das ist dumm und frech und unter aller ... Wer so etwas schreibt, dazu noch feige anonym, sollte sich schämen. Bei allem Dissens nicht tolerierbar.“ Es sei schon erschreckend, wie sich der Wortschatz „innerhalb nur weniger Jahre zur Fäkalsprache entwickelt“, meint Andreas Nophut. Das bemerke er auch in seinem Umfeld: „Begonnen hat das Ganze meiner Meinung nach mit Beginn der Flüchtlingskrise.“
Die meisten Kommentatoren distanzieren sich: „Das ist unterste Schublade! Das haben gerade Sie nicht verdient. Wer unzufrieden ist, kann jederzeit mit Ihnen ins Gespräch kommen.“ Einen solchen Brief solle man entweder direkt wegwerfen oder direkt der Polizei mit einer Strafanzeige überlassen, meint Götz Winter. Allerdings trug die Postkarte natürlich keinen Absender. Antje Kratzla-Knauer rät: „Liebe Katja, hak es ab und ärgere dich nicht....“ „Intelligenz sind Grenzen gesetzt, Dummheit nicht“, schreibt Dieter Wüllner.
Georg Freund vermutet offenbar einen Apotheker hinter der Postkarte, denn er schimpft: „Ich verliere zunehmend die Geduld mit einem, sich chronisch in seiner Wichtigkeit überschätzenden, Berufsstand. Das Internet wird die Apotheken zerlegen wie die Kurzwarengeschäfte und keinen wird es stören. Das ist zwar bedauerlich. Aber die Branche ist selbst Schuld und nach all den Dingen, die sie derzeit abziehen haben sie es sich redlich verdient. Wettbewerbsboykott bei einem Marktanteil von über 95% ist eine unglaubliche Frechheit. Nicht ignorieren. Nicht abhaken. Sondern weiter die richtigen Schlüsse ziehen. Gebissene Hunde heulen!!! Wettbewerb ist nur unter den falschen Bedingungen schlecht. In diesem Fall trifft er wohl am meisten Mercedes und die Toscana.“
Leikert selbst rät vor allem der ABDA, in der aufgeheizten Diskussion zurückzustecken: „Die ABDA hat ihre Leute auf die Bäume getrieben.“ Unterschriften- und Plakataktionen hätten die Branche aufgeheizt. Jetzt sei es an der Zeit, wieder zur politischen Realität zurückzufinden: „Die ABDA hat vollkommen unzeitgemäß regiert“, so Leikert. Statt kompromisslos das Rx-Versandverbot zu fordern, „wäre es klug, das E-Rezept so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen“. Schließlich würden die Apotheken mehrmals täglich vom Großhandel mit Arzneimitteln beliefert. So könnten die Apotheken vor Ort die Patienten doch viel schneller versorgen als die Versandapotheken.
Es sei eine Illusion, den Rx-Versandhandel wieder abschaffen zu können, stellt sich Leikert gegen die offizielle Position der Unionsfraktion. Der Versandhandel sei eine „moderne Art, Arzneimittel zu beziehen und ein sicherer Vertriebskanal“. Außerdem sei der Apothekenmarkt seit 2004 „nicht zusammengebrochen“, so Leikert.
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