AM-VSG

Rx-Versandverbot: Gröhe weicht aus Lothar Klein, 09.12.2016 11:41 Uhr

Berlin - 

Die Bundesregierung lehnt die vom Bundesrat geforderte Aufnahme des Rx-Versandverbots in die laufenden Beratungen zum Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) ab. Daher sieht die Bundesregierung in der soeben vom Bundeskabinett beschlossenen Gegenäußerung zur Bundesratsempfehlung vom 25. November auch keine Notwendigkeit, sich inhaltlich zum Versandhandelsverbot zu äußern.

„Von einer inhaltlichen Bewertung kann daher abgesehen werden“, heißt es in der Gegenäußerung. Grund für die Ablehnung einer Regelung innerhalb der Beratungen zum AM-VSG ist das für ein Rx-Versandverbot notwendige Notifizierungverfahren in der EU: „Die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung müsste notifiziert werden“, schreibt die Bundesregierung an die Länderkammer: „Dadurch würde sich das laufende Gesetzgebungsverfahren zum AM-VSG, das bislang nicht notifizierungspflichtig ist, verzögern. Eine Verzögerung lehnt die Bundesregierung ab“, heißt es in der Gegenäußerung.

Damit bliebt weiter offen, wie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) seine angekündigte Gesetzesinitiative für ein Rx-Versandverbot umsetzen will. Die Koalitionsfraktion warten auf einen Vorschlag. Die SPD will sich kommende Wochen auf einen Gegenvorschlag festlegen. Vermutlich wird die Idee von Edgar Franke (SPD) übernommen, die Höhe der Rx-Boni zu deckeln.

In der Unionsfraktion stößt dieser Vorschlag auf Skepsis. „Legen wird die Höhe auf einen niedrigen Betrag fest, ist das für DocMorris zu wenig und für die ABDA immer noch zu viel“, heißt es dort. Damit könne keine Seite zufrieden sein. Stattdessen setzen die CDU-Gesundheitspolitiker darauf, den Bonus vom Patienten wieder einzukassieren. „Das lässt sich einfach mit zwei Normen umsetzen“, heißt es. Im gesetzlich verankerten Sachleistungsprinzip für GKV-Versicherte sei Preiswettbewerb über Boni nicht erlaubt. Es sei zudem nicht hinnehmbar, dass Patienten an Boni verdienten. Das sei ein verstoß gegen das Solidarprinzip.

Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung am 25. November mit knapper Mehrheit ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln gefordert. Die Ländermehrheit stimmte für den Antrag von Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Die SPD-regierten Länder enthielten sich.

In der Abstimmung über den Antrag Bayerns gab es allerdings zunächst Verwirrung. Sitzungsleiterin Malu Dreyer, SPD-Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, hatte zunächst eine „Minderheit“ für Bayerns Antrag ausgezählt. Damit wäre der Antrag abgelehnt worden. Dann folgte eine Kontrolle: „Oh Gott, oh Gott“, flüsterte Dreyer ins Mikrofon. Es wurde ein zweites Mal ausgezählt. Dabei gab es eine knappe Mehrheit von 37 Stimmen für die Forderung nach einem Rx-Versandverbot. In der ersten Auszählung war ein Handzeichen aus der zweiten Sitzreihe der Bundesratsbänke übersehen worden.

Allerdings stellte Ingrid Fischbach (CDU), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), in der kurzen Aussprache bereits klar, dass die Aufnahme eines Rx-Versandverbotes in die laufende Beratung des AM-VSG „nicht hinnehmbar“ sei. Dies führe sonst zu einer Verzögerung der Beratung. Die Bundesregierung freue sich im Anschluss über eine „gute und faire Diskussion“ über die Antwort auf das EuGH-Urteil.

Außerdem äußerte sich Fischbach in der Bundesratssitzung distanziert zum Rx-Versandverbot. Die Bundesregierung prüfe, „ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen ergriffen werden müssen“, so Fischbach. Ziel sei, keine ungerechte Lastenverteilung zwischen inländischen Apotheken und ausländischen Versandapotheken hinzunehmen. Eine Ungleichbehandlung müsse ausgeschlossen werden. Fischbach: „Die Prüfung der Bundesregierung ist noch nicht abgeschlossen.“

Das Notifizierungsverfahren stellt aber auch ein eigenständiges Verbotsgesetz vor Probleme. Danach müsste der Kabinettsentwurf zur Notifizierung in der EU angemeldet werden. Dann beginnt eine drei- bis sechsmonatige „Stillhaltefrist“. Innerhalb dieser Zeit können EU-Mitgliedstaaten sich zum Gesetzentwurf äußern und Fragen stellen.

Der Gesetzentwurf darf danach im Rahmen der parlamentarischen Beratung nicht mehr verändert werden, da sich die Notifizierung auf den Wortlaut des eingereichten Gesetzes bezieht. Das setzt voraus, dass der Kabinettsentwurf auch mit den Koalitionsfraktionen bereits abgestimmt sein muss. Sollte es in der Beratung des Parlaments trotzdem Änderungen geben, müsste ein neues Notifizierungsverfahren starten.