Wenn die Apotheker in Westfalen-Lippe zum gesundheitspolitischen Stelldichein laden, dann kommt das Who is Who. Ende 2013 diskutierten im Vorfeld der Bundestagswahl Daniel Bahr (FDP) und Jens Spahn (CDU) in Münster. Im Vorfeld der Landtagswahl rückten Kammer und Verband das Rx-Versandverbot noch einmal in den Fokus.
Rund 120 Apotheker sowie führende Gesundheitspolitiker waren der Einladung in die Stadthalle Hiltrup gefolgt. Hier hatte erst vor zwei Wochen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) beim Westfälisch-Lippischen Apothekertag (WLAT) seine Position pro Rx-Versandverbot deutlich gemacht.
Groß war diesmal die Erwartungshaltung an den SPD-Landtagsabgeordneten Michael Scheffler. Der sprach sich für das Rx-Versandverbot aus – so wie es die NRW-Landesregierung auch durch ihre Stellungnahme im Bundesrat schon getan hatte. „Hier zeigen wir klare Kante.” Er versprach, sich weiterhin auf Bundesebene für das Thema stark zu machen. „Wir nutzen aus Nordrhein-Westfalen unsere politischen Stränge.” Die SPD sei jedoch auf allen Ebenen eine demokratische Partei, und man könne nicht einfach den Kollegen im Bund vorschreiben, was diese zu tun hätten.
Dasselbe Problem hat Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). Sie räumte ein, dass sie und Kordula Schulz-Asche als Sprecherin im Bund diesbezüglich unterschiedlicher Meinung seien. Beim Thema Versandverbot sei vielmehr ihre bayerische Kollegin Melanie Huml (CSU) plötzlich zur „besten Freundin“ geworden: „Beide Bundesländer haben sowohl große Städte als auch viele ländlich geprägte Regionen.” Daher sehe man hier die gemeinsame Aufgabe, die Versorgung überall zu sichern. „Wir brauchen das Versandverbot und ich bedauere es sehr, dass sich Herr Gröhe mit seinem Gesetzesentwurf noch nicht durchgesetzt hat.” Kritikern, die befürchten, ein Versandverbot sei juristisch nicht haltbar, entgegnet Steffens: „Wenigstens versuchen sollten wir es.”
Zur Rechtmäßigkeit eines Verbotes hat auch Oskar Burkert von der CDU-Landtagsfraktion eine klare Meinung: Er stellt sich auf Steffens‘ Seite und wendet sich gegen den Koalitionspartner im Bund: „21 von 28 Ländern in der Europäischen Union haben ein Versandhandelsverbot, und die SPD macht daraus so ein Drama.”
Burkert weiter: „Es geht um die Sicherheit der Menschen, auch und gerade in den ländlichen Bereichen.” Hier könne der Versandhandel nicht helfen. „Was ist denn mit der Notversorgung am Freitagabend, samstags und sonntags? Wer soll denn die Menschen versorgen? Hier ist eine Versorgungssicherheit notwendig. Wir brauchen Sicherheit für die Menschen, deshalb muss dieses Verbot kommen.”
Mit der FDP, daran ließ die Landtagsabgeordnete Susanne Schneider keinen Zweifel aufkommen, ist ein Rx-Versandverbot nicht zu machen. In der Diskussion stellte sie klar: „Wir sind eine Partei des Wettbewerbs. Und Sie können nicht von uns erwarten, dass die FDP, die sich regelmäßig gegen alle Reglementierungen ausspricht, hier nach einem Verbot schreit.” Sie wolle die Vor-Ort-Versorgung lieber durch eine bessere Honorierung der Abgabe beratungsintensiver Arzneimittel oder Sicherstellungszuschläge für Apotheken im ländlichen Raum sichern.
Die erste, die sich gegen den Rx-Versandhandel ausgesprochen hatte – auch schon vor dem EuGH-Urteil –war Kathrin Vogler, Gesundheitspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag. So positionierte sie sich auch in der Stadthalle Hiltrup eindeutig pro Gröhes Gesetzesvorhaben: „Ich begreife nicht, warum sich die Kollegen von SPD und Grünen so sperren.” Vielmehr würde sie gerne die Zuzahlung auf Arzneimittel generell abschaffen, damit es keinen finanziellen Anreiz mehr gebe, im Versandhandel zu bestellen. Sie verprach: „Wir bleiben dran!”
„Im Kern geht es hier um den Erhalt der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel“, gab Verbandschef Dr. Klaus Michels den Politikern mit auf den Weg. „Diese ist der Grundstein für die flächendeckende Versorgung. Wenn man diesen Stein herauszieht, haben wir eine absolute Erosion, dann bricht das ganze Haus zusammen.” Michels verwies darauf, dass die Krankenkassen mögliche Spielräume nutzen müssten. Bei unterschiedlichen Preisen würde daher selektiert: „Dann hat die einzelne Apotheke in der Fläche keine Chance mehr.”
Kammerpräsidentin Gabriele Overwiening räumte mit dem Irrglauben auf, dass ein Fall der Preisbindung die Arzneimittelversorgung günstiger mache: „Preiswerter als über die deutsche Apotheke geht die Versorgung nicht. Wir haben einen Wertschöpfungsanteil von 2,3 Prozent aus dem Volumen der Krankenkassen.”
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