Rx-Boni

Ordnungsgelder gegen DocMorris verjährt Alexander Müller, 18.03.2016 10:56 Uhr

Berlin - 

Wegen wiederholten Verstößen gegen das Rx-Boni-Verbot wurde die Versandapotheke DocMorris in mehreren Fällen von Gerichten zur Kasse gebeten. Allein das Oberlandesgericht Köln (OLG) hat Ordnungsgeldbeschlüsse in Höhe von rund einer Million Euro rechtskräftig verhängt. Da DocMorris die Zahlung verweigerte, hat das Landgericht (LG) Vollstreckungsmaßnahmen eingeleitet. Diese führten aber bislang offenbar nicht zum Erfolg – jetzt sind die ersten Beschlüsse verjährt: Der Staat ließ sich dem Vernehmen nach bereits Einnahmen von mindestens 250.000 Euro entgehen.

Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) war in verschiedenen Fällen gegen DocMorris vorgegangen. Mal ging es um den ursprünglichen Rx-Rabatt, später um verschiedene Varianten eines „Arzneimittelchecks“. Die Gerichte erkannten darin jeweils Verstöße gegen die Arzneimittelpreisbindung (AMPreisV) und erließen einstweilige Verfügungen. Weil die Versandapotheke in der Folge weiter gegen die gerichtlichen Vorgaben verstieß, erwirkte die AKNR mehrfach Ordnungsgeldbeschlüsse gegen DocMorris.

Doch bis heute wartet das für die Ordnungsgelder zuständige LG auf eine Überweisung aus Heerlen. Einem Sprecher zufolge wurden Anfang 2015 Vollstreckungsmaßnahmen gegen DocMorris eingeleitet. Da die Gesellschaft ihren Sitz in den Niederlanden hat, ist das Ganze nicht so einfach. Auslandsvollstreckungen seien deutlich aufwändiger, weil sie das Hoheitsgebiet eines anderen Staates berührten, so der Gerichtssprecher.

Grundsätzlich sind zwar Pfändungen von Forderungen möglich, die DocMorris gegen andere Personen oder Unternehmen – sogenannte Drittschuldner – zustehen. Wenn sich die niederländischen Behörden jedoch nicht bereit erklären, von einem deutschen Gericht verhängte Ordnungsgelder zu vollstrecken, wird es schwierig. Auch beim Rechenzentrum König IT-Systeme von DocMorris ließ sich das Geld offenbar nicht eintreiben. Dem Vernehmen nach sind die Forderungen wiederum an eine weitere Gesellschaft in den Niederlanden abgetreten.

Mit welchen Mitteln die Behörden konkret versucht haben, die Ordnungsgelder einzutreiben, ist nicht bekannt. Fest steht dagegen, dass mehrere Ordnungsgeldbeschlüsse inzwischen verjährt sind. Das heißt im Klartext: DocMorris hat sich in diesen Fällen aus der Affäre gezogen, ohne einen Cent für rechtskräftig verhängte Ordnungsgelder zu zahlen.

Die AKNR konnte die Behörden nur immer wieder auf die Vollstreckung und die laufenden Fristen hinweisen, aber nicht selbst aktiv werden. Das Geld steht nämlich nicht den Apothekern zu, sondern der Staatskasse. Doch die zeigt anscheinend wenig Ehrgeiz, die immerhin erheblichen Summen einzutreiben.

Untätig geblieben ist man bei der AKNR trotzdem nicht. Im November sprachen Vertreter der Kammer im Wirtschaftsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) vor, um die Politik auf das Vorgehen aufmerksam zu machen. Inzwischen hat es weitere Gespräche gegeben. Insbesondere die Finanzbehörden sollen so für das Thema sensibilisiert werden.

Der Vertreter des Ministeriums hatte sich dem Vernehmen nach auch für die Stellungnahmen zum Rx-Boni-Verfahren interssiert, das gestern vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verhandelt wurde. Doch damit konnte die AKNR nicht dienen. Laut Kammer hatte die ABDA einen vorherigen Austausch in der Sache abgelehnt und auch die Stellungnahmen der Parteien nicht zur Verfügung gestellt.

Im EuGH-Verfahren geht es um ein Bonusmodell von DocMorris in Kooperation mit der Deutschen Parkinson Vereinigung (DPV). Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale. Das OLG Düsseldorf hatte die Sache vor einem Jahr dem EuGH vorgelegt. Es geht um die Frage, ob sich ausländische Versandapotheken an die deutschen Preisvorschriften halten müssen. Eine Tendenz war bei der gestrigen EuGH-Verhandlung noch nicht zu erkennen. Am 2. Juni wird der Generalanwalt seine Schlussanträge stellen.

Die AKNR hat in der Zwischenzeit nach eigenen Angaben weitere Ordnungsgeldbeschlüsse gegen DocMorris erwirkt. Diese müssen allerdings ebenfalls noch eingetrieben werden. Verfahrenstechnisch wurde ein weiterer kleiner Erfolg verbucht: Die Kammer hat gerichtlich durchgesetzt, dass nicht mehr alle Dokumente im Verfahren auf Niederländisch übersetzt werden müssen – weil die maßgeblich handelnden Akteure bei der Versandapotheke natürlich der deutschen Sprache mächtig sind.