EuGH-Verfahren

Rx-Boni: Hartmann fordert Aktionsbündnis APOTHEKE ADHOC, 06.06.2016 15:26 Uhr

Konsolidierungsprozess ungeahnten Ausmaßes: Dr. Stefan Hartmann (BVDAK) warnt vor einem Rx-Monopoly. Foto: Elke Hinkelbein
Berlin - 

Wenn der Gesetzgeber das bewährte Apothekensystem erhalten wolle, müsse er an ein baldiges Verbot des Rx-Versandhandels denken. Dies fordert der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK). Die Politik sei jetzt zu entschiedenem Handeln aufgefordert. Außerdem brauche man ein gemeinsames Bündnis aller etablierten Verbände aus dem Apothekenmarkt – ein „Aktionsbündnis Apothekenzukunft“.

Dass die ABDA ohne Plan B und mit überschaubarem Engagement die Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) eher sorglos begleitet habe, erweise sich nun für die ganze Apothekerschaft als Eigentor in der 90. Minute.

Nur Optimisten oder Träumer glaubten noch, dass selbst bei einer Niederlage vor dem EuGH die deutsche Arzneimittelpreisverordnung weiterhin Bestand habe. Insbesondere aus dem Versandbereich würden sich schnell Apotheker finden, die vor dem Bundesverfassungsgericht mit großer Wahrscheinlichkeit die Inländerdiskriminierung erfolgreich durchstreiten würden.

„Eine Höchstpreisverordnung wäre die existenzvernichtende Konsequenz“, so BVDAK-Chef Dr. Stefan Hartmann. „Also liegt es in der Hand der politisch Verantwortlichen in Berlin, sich durch ein entsprechendes Versandhandelsverbot für Rx-Arzneimittel zur inhabergeführten Apotheke, zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung und zu unserem bewährten Apothekensystem zu bekennen.“

Seit Jahren hätten die politisch Verantwortlichen hierzu die entsprechenden Möglichkeiten gehabt. Rabatt- und Boniverträge sowie eine Höchstpreisverordnung seien nun bei einem entsprechenden Urteil aus Luxemburg die zwangsläufige und damit systemverändernde Konsequenz.

Was das für die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln und die Zahl der Apotheken bedeutet, muss laut Hartmann jedem klar sein: „Die bewährten Arzneimittelpreisspannen der Hersteller, Großhändler und Apotheker wären nicht mehr haltbar – vor allem zu Lasten der Apotheken.“ Aber auch die Industrie, die Warenwirtschaftsanbieter und die Großhandlungen mit allen Mitarbeitern hätten an den Folgen zu leiden. „Ein Konsolidierungsprozess ungeahnten Ausmaßes wäre die Folge.“

„Die Apothekenwelt wird sich möglicherweise gravierend verändern“, so Hartmann. Es bewahrheite sich die BVDAK-These, wonach die heilberufliche Zukunft der deutschen Apotheke eben nicht nur pharmazeutisch, sondern insbesondere politisch und betriebswirtschaftlich entschieden werde. „Alles hängt nun vom Urteil des EuGH, welches für den Herbst erwartet wird, und der Reaktion des deutschen Gesetzgebers ab.“