Video-Interview Widmann-Mauz

„Rosinenpickerei ist kein fairer Wettbewerb“ APOTHEKE ADHOC, 30.07.2009 16:59 Uhr

Berlin - 



Sollte die Union nach der Bundestagswahl im September an der Regierung beteiligt sein, steht für die Konservativen auch der Apothekenmarkt auf der Agenda. APOTHEKE ADHOC sprach mit der CDU-Gesundheitsexpertin Annette Widmann-Mauz über Pick up-Stellen, das Fremdbesitzverbot und einen möglichen Gesundheitsminister Josef Hecken.



ADHOC: Warum sollten Apotheker die Union wählen?

WIDMANN-MAUZ: Die CDU steht wie keine Partei klar für die Freiberuflichkeit der Apotheken in Deutschland. Sie schätzt die Unabhängigkeit der Apotheker vor allen Dingen in der Beratung, bei der Abgabe der Arzneimittel. Die Apothekerschaft ist aus einer flächendeckenden Versorgung der Menschen in unserem Land gar nicht wegzudenken. Deshalb wollen wir sie stärken und nicht in Frage stellen.



ADHOC: Wie steht die Union zu Pick up?

WIDMANN-MAUZ: Wir lehnen die Abgabe von Arzneimitteln in Pick up-Stellen ab, weil das Arzneimittel in seiner Bedeutung relativiert wird. Es steht neben Lebensmitteln, neben Öldosen, im Zweifel zwischen Blumen. Das Arzneimittel ist kein Gut wie jedes andere, es hat eine besondere Sorgfalt verdient, schon aus Arzneimittelsicherheitsgründen.



ADHOC: Welche Risiken sehen Sie für die Versorgung?

WIDMANN-MAUZ: Es ist im Wettbewerb nicht fair, wenn mit unterschiedlichen Bedingungen gearbeitet werden darf. Die Apotheke ist nach der Apothekenbetriebsordnung zu Nacht- und Notdienst verpflichtet, sie muss ausführlich beraten, sie muss auch das Sortiment so vorhalten, dass eine Abgabe sehr schnell möglich ist. Eine Pick up-Stelle hat dies alles nicht. Rosinenpickerei ist kein fairer Wettbewerb. Wenn wir aber Arzneimittelversorgung dauerhaft auch in unattraktiveren Marktregionen, also zum Beispiel im ländlichen Raum, gewährleisten wollen, dann kann das nur geschehen, wenn die Marktbedingungen gleich sind.



ADHOC: Wie steht die Union zu Apothekenketten?

WIDMANN-MAUZ: Wir haben immer die klare Auffassung vertreten, dass eine begrenzte Anzahl von Apotheken im Besitz eines Apothekers noch mit den Kriterien Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und Sicherheit vertretbar ist. Deshalb haben wir in der letzten Legislaturperiode zugestimmt, dass die Anzahl der Apotheken, die ein Apotheker betreiben kann, erhöht wird. Damit ist aber bei uns eine Grenze erreicht.



ADHOC: Und das Thema Fremdbesitz?

WIDMANN-MAUZ: Fremdbesitz muss sich dadurch legitimieren, dass er besser ist. Ich kann nicht erkennen, dass wir ein Defizit mit der heutigen Struktur - also mit Fremdbesitzverbot - hätten. Wir haben eine flächendeckende Struktur, eine hohe Qualität, und wir geben Arzneimittel mit Blick auf das Apothekenhonorar zu vernünftigen Preisen ab. Das ist eine freiberufliche Struktur, die auch die Gesellschaft trägt: Eigenverantwortung wird übernommen, die Abgabe des Arzneimittels ist unabhängig und nicht fremdgesteuert von Konzernen und sachfremden Erwägungen.

Warum soll ein Konservativer etwas in Frage stellen, das sich bewährt hat. Das Neue ist begründungspflichtig, ich kann keinen Vorteil in anderen Ländern daraus erkennen. Wir bleiben bei dem Verbot des Fremdbesitzes.



ADHOC: Wird die Union das Gesundheitsministerium für sich beanspruchen?

WIDMANN-MAUZ: Wir wollen die Bundestagswahl gewinnen. Und wenn wir dies geschafft haben, kommt die nächste Frage: In welcher Regierungskonstellation können wir das. Von daher lässt sich diese Frage gar nicht beantworten. Umgekehrt hat die Union in der Regierung in der Historie der Bundesrepublik in der Regel auch das Gesundheitsressort für sich beansprucht.



ADHOC: Wird es einen Gesundheitsminister Joseph Hecken geben?

WIDMANN-MAUZ: Beim Personal gilt dasselbe, wie bei der Frage: Wer regiert? Zuerst entscheidet der Wähler und dann die Bundeskanzlerin. Und da sie diese Souveränität und Kompetenz hat, müssen Sie sie fragen, da bin ich die Falsche.