Umverteilung des Apothekenhonorars

Rochell: Kassen riskieren Versorgung

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Berlin -

Der GKV-Spitzenverband will das Apothekenhonorar umverteilen. Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL), erklärt, warum dies ein zusätzliches Risiko für die Patientenversorgung darstellt und sogar rechtswidrig ist.

Der GKV-Spitzenverband will nicht nur das Apothekenhonorar umverteilen, sondern fordert auch einen Versorgungsbonus für Landapotheken. „Damit allerdings bringen die Kassen nicht nur die Arzneimittelversorgung der Patienten in Gefahr; die Ideen sind zudem schlicht rechtswidrig“, kritisiert Rochell die Vorschläge. Immerhin ist das Fixum trotz massiv gestiegener Kosten und hoher Inflation in den letzten 20 Jahren nicht erhöht worden.

Versorgungssicherheit gefährdet

Für Apotheken mit hohen Umsätzen plant der GKV-Spitzenverband nun, weniger Geld pro Rx-Packung zu zahlen. Apotheken in ländlichen Regionen mit geringem Absatz soll hingegen ein Versorgungsbonus gewährt werden. Rochell kritisiert: „Dies wäre ein Verstoß gegen das durch den Gesetzgeber und auch gerade erst durch das Oberlandesgericht München bestätigte Prinzip der einheitlichen Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel.“

Die Preisbindung sei laut des AVWL-Vorstandsvorsitzenden wichtig, um eine flächendeckende und gute Patientenversorgung sicherzustellen. Die aktuelle Engpass-Krise, in der die Nachfrage nach Arzneimitteln das Angebot übersteigt, zeige, dass die Preisbindung notwendig ist. „Und wer krank ist, darf nicht gezwungen sein, erst Preise vergleichen zu müssen. Die Versuchung wäre im Übrigen groß, Patienten von den teuren Landapotheken aus Kostengründen in die günstigeren Stadtapotheken umzulenken.“

Kassen-Kritik greift zu kurz

Die Kritik der Krankenkassen an der hohen Apothekendichte in Großstädten sei naiv, erklärt Rochell. Apotheken können kaum selbst Nachfrage auslösen, da etwa 80 Prozent ihres Umsatzes mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erwirtschaftet werden, die nicht beworben werden dürfen. „Apotheken siedeln sich deshalb, wenn möglich, im Umfeld von Arztpraxen an, weil die Patienten nach dem Arzttermin die umliegenden Apotheken aufsuchen“, so der AVWL-Vorsitzende weiter.

Fehlende Apotheken auf dem Land deuten auf eine generell schlechtere Gesundheitsversorgung hin. Weniger Apotheken in Innenstädten könnten die Patientenversorgung negativ beeinflussen, warnt Rochell: „Die Apotheken, auch in den Großstädten, sind allesamt an ihren Kapazitätsgrenzen und können nicht unbegrenzt Patienten anderer Apotheken, die schließen müssen, auffangen.“

Unzureichende Vergütung

„Eine Honorarumverteilung wird die Apotheken vor Ort nicht retten können, sondern bedeutet ein zusätzliches Risiko für die Versorgung der Patienten“, so Rochell. Da die Vergütung seit 20 Jahren nicht erhöht wurde, sei sie nicht mehr ausreichend; schließlich zahlen Apotheken mittlerweile 46 Cent pro Rx-Präparat drauf. „Bislang ist das nur machbar gewesen, weil der pharmazeutische Großhandel die Apotheken durch Skonti subventioniert hat.“ Nach dem BGH-Urteil sei das Geschichte.

„Statt den Robin Hood der Arzneimittelversorgung zu geben, sollten die gesetzlichen Krankenkassen lieber darauf verzichten, den Apotheken durch ungerechtfertigte Regressforderungen das Leben schwer zu machen und ihnen Leistungen abzuverlangen, ohne sie zu vergüten – wie beispielsweise das Einziehen der Zuzahlung“, fordert Rochell. Die fast 100 Kassen sollten ihre Verwaltungskosten, die über 4 Prozent der GKV-Einnahmen ausmachen, reduzieren. Für Apotheken zahlen sie weniger als die Hälfte.

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