„Es werden keine großen Summen sein“ Lothar Klein, 24.02.2016 10:05 Uhr
Die Apotheker können sich noch in diesem Jahr zwar auf die seit Langem geforderte Erhöhung der BtM- und Rezeptur-Gebühren einstellen. „Das ist mehrfach zugesagt worden“, kündigte CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC an. Zugleich dämpfte der CDU-Gesundheitsexperte Erwartungen auf ein deutliches Plus: „Es werden keine großen Summen sein.“ Immerhin wird in der Diskussion auch über einen Honorardeckel bei Hochpreisern gesprochen.
Im Zusammenhang mit dem Pharmadialog werde die Regierungskoalition ein umfangreiches Paket zur Arzneimittelpolitik schnüren, sagte Hennrich: „Darin werden auch die Apotheker aufgerufen. Darin müssen wir die BtM- und Rezeptgebühr regeln.“ Die Details würden derzeit in der Koalition abgesprochen.
Hoffnung auf ein deutlich spürbares Honorarplus machte Hennrich den Apothekern aber nicht: „Es gibt ja bereits Zusagen. Ich gehe davon aus, dass eher mehr als weniger herauskommt. Es werden keine großen Summen sein“, sagte Hennrich. Die ABDA hatte zuletzt eine Erhöhung des BtM-Zuschlags von 26 Cent auf 2,91 Euro gefordert sowie ein Fixum von 8,35 Euro bei der Herstellung von Rezepturen.
Der CDU-Berichterstatter für den Bereich Arzneimittelversorgung und Apotheken im Gesundheitsausschuss des Bundestages bestätigte zugleich Überlegungen in der Koalition, den 3-prozentigen variablen Anteil des Apothekenhonorars angesichts der wachsenden Zahl hochpreisiger Arzneimittel zu deckeln. „Es ist aber noch nichts entschieden“, so Hennrich, „es kommt auf die Gesamtschau an. Für mich ist entscheidend, dass am Ende für die Apotheker keine Mehrbelastung herauskommt.“
Die Zukunft der gesetzlichen Importquote für Arzneimittel ist laut Hennrich ungewiss: „Außer den Importeuren gibt es niemanden mehr, der für die Importquote kämpft“, so der CDU-Gesundheitsexperte. Auch bei den Krankenkassen sei die Begeisterung für Importquoten nicht mehr sehr groß. „Für wen machen wir das noch?“ Diskutiert werde über eine Veränderung, die zu höheren Einsparungen bei den Krankenkassen führe. „Mein Vorschlag ist ja: 15 Prozent statt 15 Euro Preisdifferenz.“ Er könne sich vorstellen, dass es hier Veränderungen geben wird: „Eigentlich ist das nicht mehr zeitgemäß.“
Die Gesundheitspolitiker der Union haben auch das Schiedsstellenverfahren zu Formretaxationen im Blick. Hennrich: „Wir beobachten das sehr aufmerksam. Ich sehe jetzt Bewegung auf Seiten der Kassen. Wir werden uns den Schiedsspruch ansehen und prüfen, ob es gesetzgeberischen Handlungsbedarf gibt.“
Im Zentrum der Arzneimittelgesetzgebung stehen nach Aussage Hennrichs Korrekturen am AMNOG. Dazu lägen Vorschläge auf dem Tisch. Hennrich: „Bei chronischen Erkrankungen haben es die Hersteller schwer, neue Arzneimittel auf den Markt zu bringen.“ Das liege an der gesetzlich vorgegebenen Bewertung neuer Arzneimittel anhand von Evidenznachweisen ebenso wie am Bezug zur wirtschaftlichsten Vergleichstherapie.
„Ich gehe davon aus, dass wir beim Bewertungsverfahren nach AMNOG nachjustieren“, so Hennrich. Diskutiert würden mehrere Lösungsvorschläge, „die wir noch abstimmen müssen“. Klar sei aber, „dass wir weg müssen von der wirtschaftlichsten Vergleichstherapie“, sagte Hennrich. „Das müssen wir in der Tendenz etwas aufweichen, damit wir bei chronischen Erkrankungen neuen Arzneimitteln nicht den Weg versperren. Sonst wäre es für die Hersteller relativ uninteressant, für die großen Volkskrankheiten neue Arzneimittel anzubieten. Das wollen wir nicht.“
Als Beispiel nannte Hennrich Diabetes. Auch neue Arzneimittel könnten die Krankheit nicht heilen: „Der Patient bleibt trotzdem Diabetiker, seine Lebenserwartung steigt wahrscheinlich auch nicht. Aber er kann mit dem neuen Arzneimittel besser leben“, so Hennrich. Es sei jedoch sehr schwierig, den Fortschritt an einer besseren Lebensqualität festzumachen. „Das müssen wir uns noch einmal genau anschauen. Ich gehe davon aus, dass wir das am Preis festmachen und den Herstellern etwas mehr Spielraum lassen.“
Wesentliches Thema des Pharmadialogs seien Innovationen „und wie diese beim Patienten über Verordnungen ankommen“. Der DAK-Report habe kürzlich belegt, dass Arzneimittel trotz positiven Zusatznutzens oftmals nicht verordnet würden. „Hier müssen wir ein System zur Information der Ärzte etablieren und gleichzeitig die Sorge vor Regress nehmen“, kündigte Hennrich an.
Dazu gebe es unterschiedliche Vorschläge. „Aber wir sind uns einig, dass es an dieser Stelle Handlungsbedarf gibt“, sagte Hennrich. Einig sei man sich zudem in der Ablehnung des GKV-Modells der nutzenorientierten Erstattung. „Damit laufen wir Gefahr, dass wir Patienten von der Versorgung mit innovativen Arzneien abschneiden. Das wollen wir nicht. Darum werden wir mit den Krankenkassen ringen.“
Einig seien sich die Teilnehmer des Pharmadialogs zudem, dass „wir für Innovationen bei Antibiotika sorgen müssen“. Die Politik müsse klare Incentives für mehr Forschung und Entwicklung setzen. „Ich könnte mir eine vergleichbare Regelung wie bei Orphan Drugs vorstellen“, sagte Hennrich. „Für die Entwicklung neuer, wirksamer Antibiotika wollen wir Geld investieren.“
Auch die Zukunft des Preismoratoriums sei „mit Sicherheit“ Gegenstand des Pharmadialoges. Die Politik dürfe keine Beschlüsse fassen, die mit einer Verlängerung die gesamte Pharmaindustrie belasteten und Entlastungen nur den forschenden Arzneimittelherstellern zukommen lasse. Hennrich: „Deswegen bin ich bei der Verlängerung des Preismoratoriums sehr skeptisch. Das sage ich ganz offen.“ Er sehe die Gefahr, dass mittelständische Hersteller mit Firmensitz in Deutschland durch eine Verlängerung des Preismoratoriums einseitig belastet würden. „Wir müssen sehen, dass wir ein gutes und vernünftiges Gesamtpaket schnüren“, so Hennrich.