Rezeptdaten

Grüne Bande im Datenskandal

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Berlin -

Ob Abrechnung mit dem ehemaligen Arbeitgeber, Vernichtungskampagne gegen einen Konkurrenten, Profilierung gegenüber Kollegen oder einfach eine gute „Story“: Im Skandal um den vermeintlich illegalen Handel mit Rezeptdaten gibt es viele mögliche Motivationen. Ein weiterer Aspekt hat eine politische Dimension: Nach zwei schriftlichen Fragen zum Thema wollen die Grünen von der Bundesregierung ganz genau wissen, was es mit dem Datenschutz in Apotheken und den Vorwürfen gegen die VSA auf sich hat. Hinter der Kleinen Anfrage steht, neben Gesundheitsexpertin Birgitt Bender, eine Abgeordnete, die in der Sache womöglich nicht gänzlich unbefangen ist.

Schon nach dem ersten Spiegel-Artikel hatte sich die Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer im Februar 2012 an die Bundesregierung gewandt. Die 47-Jährige, die damals erst seit wenigen Wochen im Parlament saß, wollte wissen, warum das Bundesversicherungsamt (BVA) das Thema nicht öffentlich gemacht hatte, obwohl die Behörde laut Bericht schon seit Dezember davon wusste.

Im August hakte sie nach: Ob das Prüfverfahren mittlerweile abgeschlossen sei und welche konkreten Ergebnisse die Recherchen bislang erbracht hätten, wollte sie wissen. Walter-Rosenheimer interessierte sich zudem für den aktuellen Stand des Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft.

Nachdem sich laut Antwort aus dem BMG zumindest die Kassen nichts zu schulde kommen lassen haben, ansonsten Staatssekretärin Ulrike Flach (FDP) aber keine „näheren Erkenntnisse“ mitteilen konnte, hat Walter-Rosenheimer jetzt mehrere Abgeordnete ihrer Fraktion mobilisiert und eine Kleine Anfrage mit 14 Punkten gestellt.

So wollen die Grünen wissen, wie genau die gesetzlichen Grundlagen aussehen und warum es – trotz mehrerer Treffen der Datenschützer – keine bundesweit einheitliche Linie bei der Auslegung der Vorschriften gibt. Gefragt wird dann, welche konkreten Vorwürfe bekannt sind und welche Maßnahmen die zuständigen Behörden bislang unternommen haben beziehungsweise welche gesetzlichen Änderungsbedarf es gibt.

Konkret gefragt wird auch nach den im jüngsten Spiegel-Beitrag angedeuteten illegalen Geschäften der VSA sowie nach einer Bewertung zum Ausstieg des NARZ. Schließlich wollen die Grünen wissen, welche Ausnahmen von der Anonymisierungspflicht es gibt und wie die Verträge von Marktforschungsunternehmen mit einzelnen Apothekern und Ärzten zu sehen sind.

Dass sich die Psychologin, die im Wirtschaftsausschuss sitzt, so für das Thema interessiert, hat womöglich einen regionalen Bezug: Denn die VSA-Tochterfirma GFD, die angeblich eine zentrale Rolle in dem mutmaßlichen Skandal einnimmt, hat ihren Sitz in Walter-Rosenheimers Wahlkreis Dachau-Fürstenfeldbruck.

Doch es gibt womöglich eine weitere Verbindung. Dass der angeblich illegale Umgang mit den Rezeptdaten öffentlich wurde, geht nämlich unter anderem auf eine Eidesstattliche Versicherung des früheren GFD-Geschäftsführers Alexander Liesenhoff zurück, der im Herbst 2009 wegen „erheblicher Pflichtverletzungen“ fristlos entlassen worden war.

Dessen Kinder sind – wie Walter-Rosenheimer – im Kreisverband Fürstenfeldbruck der Grünen aktiv: Der Stiefsohn*, Jan Halbauer, ist sogar Kreisvorsitzender und ein guter Bekannter der Politikerin.

Aus dem Berliner Büro von Walter-Rosenheimer heißt es, federführend bei der Kleinen Anfrage sei Gesundheitsexpertin Birgitt Bender gewesen. Formuliert worden seien die Punkte gemeinsam mit dem Datenschutzexperten Dr. Konstantin von Notz. Der einzige Grund, warum sich Walter-Rosenheimer von Anfang an bei dem Thema engagiert habe, sei der Bezug zum Wahlkreis.

Die Abgeordnete selbst war nicht zu sprechen, genauso wenig wie ihr Parteifreund. Die beiden sind im Wahlkampf: Walter-Rosenheimer will wieder in den Bundestag, Halbauer in den Bezirkstag.

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* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels hatte es geheißen, Jan Halbauer sei der Sohn von Alexander Liesenhoff. Tatsächlich ist er der Stiefsohn. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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