Rezeptabrechnung

Rechenzentren im Fokus des Kartellamtes

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Berlin -

Das Bundeskartellamt hat die Apothekenrechenzentren ins Visier genommen. Im Zuge des Antrags der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank), den Anteil am ARZ Haan zu erhöhen, wurden kürzlich alle Rechenzentren von den Wettbewerbshütern angeschrieben und um Auskunft über ihre Eigentümerverhältnisse und die Marktsituation gebeten. Dadurch verzögert sich der Abschluss des Fusionskontrollverfahrens Apobank/ARZ Haan.

Nach Auskunft des Bundeskartellamtes waren die von der Apobank vorgelegten Unterlagen zur Genehmigung der Aufstockung des Anteils am ARZ Haan auf mindestens 25 Prozent nicht ausreichend. Weil Fragen offen blieben, habe das Bundeskartellamt alle Rechenzentren angeschrieben, um sich einen Marktüberblick zu verschaffen. Das Erreichen eines Schwellenwerts von 25 Prozent muss von der Wettbewerbsaufsicht genehmigt werden.

Der Antrag der Apobank für das erforderliche Fusionskontrollverfahren wurde beim Bundeskartellamt am 4. März eingereicht. Normalerweise läuft ab diesem Zeitpunkt eine Vier-Wochen-Frist. Widerspricht das Bundeskartellamt nicht, gilt der Antrag als genehmigt. Weil die Unterlagen der Apobank nicht vollständig waren, ist die Vier-Wochen-Frist aber nicht angelaufen, so ein Sprecher der Wettbewerbshüter.

Man befinde sich noch in Phase 1 des Prüfverfahrens, heißt es. Sollten Bedenken beim Kartellamt bestehen bleiben, würde sich Phase 2 anschließen und die Prüffrist um weitere drei Monate verlängert. In diesem Fall geriete die Zeitplanung zur Aufstockung des Apobank-Anteils an ARZ Haan auf jeden Fall in Gefahr. Eigentlich soll der Ausstieg des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL) und die Übernahme seiner Anteile durch die Apobank bereits auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 21. April 2016 unter Dach und Fach gebracht werden. Dieser Termin wackelt nun.

Ob die Nachfragen Konsequenzen für die beabsichtigte Aufstockung des Apobank-Anteils am ARZ Haan hat, lässt sich nach Angaben des Sprechers noch nicht absehen. Der Markt der Rezeptabrechnung müsse zunächst analysiert werden. Nach den Regeln des Wettbewerbsrechts muss von einer Marktbeherrschung ausgegangen werden, wenn drei oder weniger Unternehmen einen Marktanteil von 50 Prozent erreichen, oder fünf oder weniger Unternehmen zusammen einen Marktanteil von zwei Dritteln erreichen.

Nach langem Streit hatten sich im Herbst die Anteilseigner des Rechenzentrums ARZ Haan auf den Rückkauf der Anteile des AVWL verständigt. Danach erhält der AVWL für die Rückgabe seiner Anteile pro Aktie 34,10 Euro, insgesamt 15,5 Millionen Euro. Nach dem Ausstieg des AVWL werden die Karten beim Rechenzentrum neu gemischt. Die Neuordnung soll auf dem Wege der Herabsetzung des Grundkapitals von ARZ Haan erfolgen.

Laut Vereinbarung gibt der AVWL seine 272.000 Stammaktien zurück, genauso wie die 181.333 Aktien, die über die RZV Vermögensverwaltungsgesellschaft gehalten wurden. Auch die Apobank gibt Aktienanteile an ARZ Haan zurück und erhält dafür etwas mehr als 10 Millionen Euro. Der AVNR ist über die Tochter Norwima beteiligt und behält in der neuen Konstellation die Mehrheit. Der direkte Anteil der Apobank steigt im Zuge der Neuordnung auf die genehmigungspflichtige Grenze von 25 Prozent.

Der AVWL hatte den Stimmrechtsvertrag Ende 2012 mit Wirkung zum 31. Dezember 2013 gekündigt. Hintergrund waren Unstimmigkeiten unter den Aktionären über die Ausrichtung der Geschäftspolitik, die sich am Ende auch auf das ARZ Haan auswirkten. Der Streit gipfelte in der Auflösung der gemeinsamen Clearingstelle.

Um den AVWL ausbezahlen zu können, muss das Rechenzentrum in die Rücklagen greifen. Die sind immerhin gut gefüllt, denn vom Verkauf des EDV-Anbieters Lauer-Fischer an die CompuGroup (CGM) hatten die Aktionäre nur marginal profitiert. Die Auszahlung der 15,5 Millionen Euro kann allerdings erst nach Vertragsunterzeichnung und Zustimmung der ARZ Haan Hauptversammlung erfolgen.

Das ARZ Haan war 1971 als ARZ Rechenzentrum nordrhein-westfälischer Apotheken gegründet worden und in den 1990er Jahren durch Zukäufe gewachsen. Heute gehören neben Apothekern auch andere Leistungserbringer zu den Kunden. Mit dem AVWL ist bereits die dritte Apothekerorganisation ausgeschieden. Die beiden Kammern aus NRW mussten ihre Anteile bereits vor Jahren aus rechtlichen Gründen abgeben. Damals war die Apobank eingestiegen.

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