Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Vermittlung von Rezepten im Rahmen eines Entlassmanagements erlaubt. Damit können Kliniken Verordnungen an Apotheken schicken, wenn ein „neutrales“ Unternehmen zwischengeschaltet ist. Der 1. Senat gab der Revision eines beteiligten Apothekers gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG) aus dem Juni vergangenen Jahres statt.
In dem Streit ging es um das Unternehmen Patientenring, an dem neben der Uniklinik Freiburg drei Sanitätshäuser beteiligt sind. Die Firma informiert Patienten vor ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus über die weitere Behandlung mit Arzneimitteln. Auf Wunsch des Patienten können die Rezepte direkt an eine von drei Kooperationsapotheken gefaxt werden. Diese liefert dann die Medikamente.
Wegen der Beteiligung an dem Modell hatte ein Freiburger Apotheker seinen Kollegen verklagt. Er sah in dem Konzept eine unzulässige Absprache. Das Landgericht Freiburg (LG) erklärte das Konstrukt 2012 für rechtmäßig, da die Unabhängigkeit von Arzt und Apotheker nicht beeinflusst werde. Entscheidend sei, dass das Unternehmen als unabhängiger Mittler auftrete und nicht die Interessen einer Seite teile und fördere.
Der klagende Apotheker war in Berufung gegangen und hatte vor dem OLG Recht bekommen: Aus Sicht der Richter gelten die Mitarbeiter des Patientenrings als Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen – und demnach keine Absprachen mit Apotheken über Rezeptzuweisungen treffen dürfen.
Der BGH sah den Fall anders: Auf die Revision des Beklagten hob er das OLG-Urteil im Kostenpunkt und insoweit auf, als das Berufungsgericht zum Nachteil des Beklagten erkannt hatte. Damit wurde die Berufung des klagenden Apothekers gegen das LG-Urteil insgesamt zurückgewiesen.
Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Spannend wird daher die Frage, wo die Grenze zu ziehen ist. Bereits vor drei Jahren hatte der BGH entschieden, dass Ärzte ihren Patienten Apotheken empfehlen dürfen, wenn sie konkret um ihren Rat gefragt werden. Allerdings müssten die Erfahrungen des Arztes „nachprüfbar und aussagekräftig“ sein.
Laut Rechtsanwalt Peter Hartmann, der den beklagten Apotheker mit vertreten hatte, wurde in der Verhandlung über die Unabhängigkeit der zwischengeschalteten Firma diskutiert. Offenbar waren die Richter überzeugt, dass es sich beim Patientenring um ein eigenständiges und neutrales Unternehmen handelt.
Am Ende war auch die Tatsache ausschlaggebend, dass der Gesetzgeber sich Formen des strukturierten Entlassmanagements wünscht. Im Sozialgesetzbuch ist unter anderem festgelegt, dass dies zur Krankenhausbehandlung gehört und dass Versicherte Anspruch darauf haben.
Hartmann rechnet aber nicht damit, dass das Urteil zum Freibrief für Rezept-Makler wird: Die unterschiedlichen Vorgaben in Sozialgesetzbuch und Apothekengesetz sowie die föderalen Krankenhausgesetze und Berufsordnungen würden weiterhin für Diskussionsbedarf sorgen.
Laut Uniklinik Freiburg kümmert sich der Patientenring darum, dass die Patienten auch nach ihrem Klinikaufenthalt lückenlos mit den „zum Teil sehr speziellen Arznei- und Verbandsmitteln sowie Hilfsmitteln“ versorgt werden, die sie im Rahmen der ambulanten oder stationären Behandlung erhalten haben. Dieser Service, der auch die Betreuung zu Hause umfasst, sei mit keinerlei zusätzlichen Kosten verbunden.
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