Streiten Apotheker mit Krankenkassen vor Gericht um Nullretaxationen, geht das meist nicht gut für sie aus. Die Sozialgerichte entscheiden regelmäßig zu Gunsten der Kostenträger. So auch bei einer vergessenen Arztunterschrift, wegen der die DAK den Apotheker auf Null retaxiert hat. Der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern (AVMV) will das Verfahren trotz mäßiger Aussichten weiterführen – auch um auf das Thema aufmerksam zu machen.
Der Arzt hatte Humira (Adalimumab) verordnet, das Rezept aber nicht unterschrieben. Der Fehler fiel in der Apotheke nicht auf. Die DAK retaxierte auf Null, der Schaden des Apothekers liegt bei etwas über 5000 Euro. Der Apotheker hatte sich nachträglich die Verordnung bestätigen lassen und der Kasse alle Dokumente vorgelegt. Sein Einspruch wurde dennoch abgelehnt, eine Heilung des Fehlers ist aus Sicht der Kasse nicht möglich.
In erster Instanz ist der Apotheker mit seiner Klage gegen die Nullretaxation gescheitert. Der AVMV-Vorstand um den Vorsitzenden Axel Pudimat hat in der vergangenen Woche aber beschlossen, das Verfahren gegen die DAK weiter zu führen. Der Verband unterstützt den Apotheker bei seiner Klage. Dieser werde mit einem sachkundigen Vertreter aus der Geschäftsstelle in Berufung gehen, kündigte Pudimat an.
„Uns ist bewusst, dass die Erfolgsaussichten in der aktuellen Rechtsprechungslage nicht unbedingt gut sind, aber andererseits wünschen wir uns Öffentlichkeit zu diesen krass ungerechten Fällen, die sogar von einem Gericht schon als klar rechtsmissbräuchlich gebrandmarkt wurden“, so Pudimat mit Verweis auf eine jüngere Entscheidung des Sozialgerichts Braunschweig.
Die Braunschweiger Richter hatten eine Nullretaxation der DAK als rechtsmissbräuchlich zurückgewiesen. Die Kasse könne nicht einerseits ihren Versicherten als korrekt versorgt betrachten, andererseits aber die Erstattung komplett verweigern. Das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig. In den Folgeinstanzen dürfte die Kasse gute Aussichten auf Erfolg haben.
Denn vor dem Bundessozialgericht (BSG) haben die Apotheker zuletzt zweimal verloren. Unlängst haben die Kasseler Richter Nullretaxationen bei Zyto-Verträgen bestätigt – und damit de facto die freie Apothekenwahl in diesem Bereich außer Kraft gesetzt. Bereits 2013 hatte das BSG in einem Musterprozess entschieden, dass Kassen bei Nichtbeachtung der Rabattverträge auf Null retaxieren dürfen.
Auch im vorliegenden Fall bleibt die DAK bei ihrer Vollabsetzung aus formalen Gründen. Und das trotz der ohne Zweifel geleisteten Versorgung und des exorbitant hohen Preises, moniert Pudimat. „Wir wären durchaus bereit, den durch die Retaxation entstandenen Aufwand oder eine wie auch immer gestaltete Gebühr zu entrichten, um für die nachträgliche Beibringung von Belegen aufzukommen. Stattdessen verweigert die DAK jede Diskussion mit dem Verweis auf Formalien und enteignet den Apotheker damit“, so der Verbandsvorsitzende.
Er kritisiert, dass eine Heilung des zweifellos unterlaufenen Fehlers nicht akzeptiert werde. Die für den Patienten erbrachte Leistung werde dagegen gerne entgegengenommen. „Ich sehe diese Gesamtlage als sehr ungünstig für unsere Tätigkeit, weil sich der Fokus der Apotheker dadurch zwangsläufig weg vom Patienten und seinen Problemen, hin zu Abrechnungsformalien verschiebt“, so Pudimat.
Zu Fehlern werde es in einem komplexen System, in dem Menschen tätig seien, immer kommen. Dafür diese müsse es jedoch ein angepasstes System geben, fordert der AVMV-Chef. „Über die Gründe der DAK, in diesen Fällen eine so unmenschlich formale Haltung zu vertreten, kann ich nur spekulieren“, so Pudimat.
Der Verbandsvorsitzende hat zumindest zur Kenntnis genommen, dass die DAK bald eine der teuersten Kassen sein wird. Tatsächlich müsse sich niemand darüber wundern, wenn in den Apotheken gegenüber den DAK-Versicherten nicht nur positiv über deren Kasse geurteilt werde und auch bislang DAK-versicherte Apothekenmitarbeiter die Kasse wechselten.
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