Die Apotheker sollten sich mit den Krankenkassen selbst auf neue Regelungen zu Null-Retaxationen einigen. Doch die Verhandlungen sind gescheitert, wie der Deutsche Apothekerverband (DAV) soeben mitteilte. Der DAV wird jetzt die Schiedsstelle unter Vorsitz von Dr. Rainer Hess anrufen.
Laut GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) sollten DAV und GKV-Spitzenverband im Rahmenvertrag eine Regelung zur Vermeidung ungerechtfertigter Null-Retaxationen finden. Der Gesetzgeber hatte den Verhandlungspartnern eine Frist von einem halben Jahr gewährt. Danach wäre die Sache automatisch ins Schiedsverfahren gegangen.
Doch nach den ersten Gesprächen hatte sich abgezeichnet, dass man nicht zueinander kommen würde. Die Apotheker seien an dem einen Pol, die Kassen am anderen, hieß es aus den Verhandlungen. Beide Seiten erklärten diese nach dem gestrigen Treffen für gescheitert. Jetzt ziehen die Apotheker vorzeitig die Reißleine.
Nun ist wieder Hess am Zug. Der ehemalige Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat sich als Schlichter schon einmal bewährt. Im Mai 2013 hatte er die jahrelangen Streitigkeiten zum Kassenabschlag beigelegt und einen Kompromiss gleich für mehrere Jahre erzwungen. Aus dieser Einigung heraus wurde der Abschlag – ebenfalls mit dem GKV-VSG – ab 2016 auf 1,77 Euro gesetzlich festgeschrieben.
Woran die Verhandlungen zu Null-Retaxationen am Ende konkret gescheitert sind, ist noch nicht bekannt. Über weitere Verfahrensschritte und -inhalte habe man Stillschweigen vereinbart, um das anstehende Schiedsverfahren nicht zu belasten, heißt es vom DAV.
Auf Wunsch der ABDA hatte die Große Koalition die Frist zur Einigung noch in das Gesetz aufgenommen. „Wir könnten uns vorstellen, dass diese Frist noch etwas verkürzt wird“, hatte ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz bei der Anhörung zum Gesetz noch angemerkt. Dem kam der Gesetzgeber nicht mehr nach.
Doch DAV und GKV-Spitzenverband hatten die Gespräche ohnehin schon vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnen. Dass die Verhandlungen vor der Schiedsstelle enden würden, war früh klar. Die Kassen hatten in der Anhörung klar gemacht, dass ein Vergütungsanspruch der Apotheke nur dann bestehen kann, wenn sämtliche gesetzlichen und vertraglichen Abgabevorschriften beachtet wurden. Bei kleineren Fehlern wollten die Kassen außerdem eine Bearbeitungsgebühr von den Apotheken.
Der AOK-Bundesverband hatte eine Regelung auf Landesebene favorisiert. Die vorgesehene Fristensetzung werde „den Konflikt eher eskalieren und nicht zur inhaltlichen Befriedung führen“, hieß es in der Stellungnahme. Tatsächlich hatten die beiden großen Ost-AOKen entsprechende Klauseln aufgenommen – offiziell um „Klarheit und Verlässlichkeit für Apotheker zu erhöhen“, womöglich aber auch, um die gesetzliche Regelung zu verhindern.
Schon 2012 hatten die Verhandlungspartner nach einer Lösung für umstrittene Retaxfälle gesucht. Auf Ebene der Verhandlungskommission war seinerzeit eine Lösung gefunden worden.Doch der GKV-Spitzenverband hatte die Einigung nicht durchbekommen, die Kassen – zuvorderst die AOK – machten von ihrem Gremienvorbehalt Gebrauch. Hintergrund war ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG), das Nullretaxationen für zulässig erklärte. Eine Änderung des Rahmenvertrags kam nicht zu Stande. Später wies auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Beschwerde der Apotheker ab.
Eine gesetzliche Lösung stand 2012 ebenfalls schon einmal im Raum. Die Betriebskrankenkassen Novitas BKK, BKK Hoesch und BKK vor Ort hatten ab Herbst 2011 über ihre Prüffirma Protaxplus massenhaft Rezepte wegen Formfehlern auf Null retaxiert. Schließlich hatten die Kassen aber eingelenkt. Der Gesetzgeber war daher nicht aktiv geworden.
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