Biosimilars

Pro Generika: Kein Vertrag ohne Patentschutz

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Berlin -

Das Immunsuppressivum Remicade (Infliximab) steht kurz vor dem Patentablauf. In einer Reihe von EU-Ländern ist der Wirkstoff bereits patentfrei, in Deutschland werden im Frühjahr 2015 die ersten Biosimilars auf den Markt kommen. Trotzdem hat die AOK Baden-Württemberg dem Wirkstoff jetzt noch einmal ausgeschrieben. Beim Branchenverband Pro Generika sieht man den Wettbewerb in Gefahr, zumal derzeit für zwei Drittel der Versicherten Rabattverträge mit dem Originalhersteller bestünden.

Remicade wird von Janssen, der Pharmasparte des US-Konsumgüterkonzerns Johnson & Johnson (J&J), hergestellt und in Deutschland von MSD Sharp & Dohme vertrieben. 2013 wurde das Präparat laut Arzneiverordnungsreport knapp 70.000 Mal an Kassenpatienten abgegeben. Den Kassen entstanden dadurch Kosten von rund 200 Millionen Euro.

Die Generikahersteller stehen in den Startlöchern. Zwei Biosimilars wurden von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen und werden in den Staaten, in denen der Patentschutz für Remicade bereits abgelaufen ist, schon vertrieben: Inflectra von Hospira und Remsima von Celltrion.

Beide Hersteller könnten ihre Präparate somit am Tag nach dem Patentablauf von Remicade auf den Markt bringen. „Bestünden allerdings zu diesem Zeitpunkt die flächendeckenden Rabattverträge des Erstanbieters mit den Krankenkassen fort, wäre der Wettbewerb zerstört, bevor er überhaupt eine Chance hatte sich zu entwickeln“, gibt Pro Generika zu Bedenken.

Laut Pro Generika wissen nur die Kassen, ob in den Verträgen mit dem Originalhersteller eine Kündigungsoption vorgesehen ist. Der Verband fordert daher, dass Rabattverträge mit Erstanbietern über Biopharmazeutika „spätestens mit dem Markteintritt des ersten Biosimilars beendet werden“ müssen. „Zusätzlich sollte mit dem Markteintritt des ersten Biosimilars ein 24-monatiges Vertragsmoratorium greifen, um der Entwicklung eines Biosimilars Raum zu geben.“

Außerdem macht sich der Verband für regionale Zielvereinbarungen stark, die einen Anteil an Biosimilars vorschreiben. Festbetragsgruppen soll es erst geben, wenn Biosimilars mindestens die Hälfte des Marktes ausmachen.

Nur auf diese Weise könne durch Biosimilars Wettbewerb in dem hochpreisigen Segment biopharmazeutischer Arzneimittel entstehen. Dadurch werde die Patientenversorgung nachhaltig verbessert. „Denn aufgrund der sehr hohen Kosten patentgeschützter Biopharmazeutika erhalten viele Patienten oft erst dank Biosimilars ihrem medizinischen Bedarf entsprechenden Zugang zu dieser Hightech-Medizin“, heißt es bei Pro Generika.

Der Verband verweist auf ein gemeinsames Gutachten von Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Professor Dr. Gerd Glaeske und Professor Dr. Eberhard Wille vom Sachverständigenrat Gesundheit. Die Experten hatten 2010 empfohlen, Rabattvertragsregelungen für Biosimilars so auszugestalten, dass sie Biosimilars nicht behindern, sondern fördern.

2012 waren entsprechende Regelungen im Rahmen der AMG-Novelle diskutiert, am Ende aber nicht beschlossen worden. Bei der Union gibt es die Bereitschaft für eine gesetzliche Regelung, derzeit hängt es dem Vernehmen nach an der SPD.

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