Eurokrise

Reimporteure geben Griechenland nicht auf APOTHEKE ADHOC, 26.06.2012 13:59 Uhr aktualisiert am 27.06.2012 17:45 Uhr

Berlin - 

In seinem Schreiben an führende europäische Politiker hat der Chef des EU-Pharmaverbandes EFPIA, Sir Andrew Witty (GSK), unter anderem ein temporäres Verbot von Reimporten aus Krisenstaaten gefordert. So soll verhindert werden, dass wirtschaftlich stabilere Länder von Zugeständnissen bei den Arzneimittelpreisen profitieren. Auch vor einem Medikamentenmangel in den Niedrigpreisländern wird gewarnt. Die Parallelhändler weisen die Forderung als Mogelpackung zurück.

 

Andreas Mohringer, Chef von Eurim und Vorsitzender des Bundesverbands der Arzneimittel-Importeure (BAI), wirft Witty vor, bewusst Tatsachen zu verzerren. Beispiel Griechenland: Dort existiere kein Mangel an Arzneimitteln per se, sondern ein erhebliches Zahlungs- und Liquiditätsproblem in der Lieferkette. „Es geht also dabei nicht um angebliche Preisnachlässe, sondern um eine Lösung der massiven Liquiditätsprobleme aufgrund des Abbaus der substantiellen Schuldenberge. All dies hat mit Parallelexporten nichts zu tun.“

Mohringer bezieht sich auf ein Schreiben der griechischen Arzneimittelaufsicht, in dem diese bestätigt, dass es nur bei 36 Arzneimitteln Lieferengpässe gebe. 24 Präparate könnten problemlos ersetzt werden, sodass derzeit nur 12 Produkte importiert werden müssten. In keinem Fall seien Exporte für den Mangel verantwortlich, sondern vielmehr kommerzielle Gründe.

„Es ist ebenso bezeichnend wie bedenklich, wenn Herr Witty versucht, aus der Notlage einiger Mitgliedstaaten kommerzielles Kapital zugunsten der Pharmaindustrie zu schlagen“, so Mohringer. „Hinzu kommt, dass die Forderungen nach Exportverboten glatt EU-rechtswidrig sind, da sie eine unzulässige, massive Beschneidung des freien Warenverkehrs darstellen – einem Grundelement der EU. Sowohl die EU-Kommission wie die einzelnen Mitgliedstaaten werden in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen sein.“

 

 

Falsch sei die Behauptung gestiegener Exporte aus diesen Ländern. „Das Gegenteil ist der Fall: Die Exporte sind erheblich gesunken“, so Mohringer. Im EFPIA-Schreiben war von einem deutlichen Anstieg des Parallelhandels aus Niedrigpreisländern in den vergangenen Monaten die Rede. Grund seien Marktverwerfungen infolge von Eingriffen in die Preise. Medikamentenmangel gebe es bereits in Griechenland und Rumänien.

Edwin Kohl, Chef von Kohlpharma und Vorsitzender des Bundesverbands der Arzneimittelimporteure Deutschlands (VAD), verwies auf die komfortable Ertragslage der Pharmakonzerne: Wittys Konzern habe 2011 eine Umsatzrendite von 28,5 Prozent erzielt, und zwar nach Abzug aller Kosten. Einen Rettungsschirm brauche die Branche also nicht.

Witty hatte insgesamt ein düsteres Bild gezeichnet: In seiner Branche gebe es erhebliche Sorgen zu möglichen grenzüberschreitenden Nachwirkungen der EU-Finanzkrise. Zwar verstehe man, dass gerade Regierungen angeschlagener Länder ihre Ausgaben stabilisieren müssten. Preisnachlässe bei Arzneimitteln dürften aber nicht dazu führen, dass auch wirtschaftlich stabilere Länder davon profitierten.

Ein 10-prozentiger Preisschnitt koste die Industrie 299 Millionen Euro in Griechenland, aber 799 Millionen Euro in Europa und knapp 2,2 Milliarden Euro weltweit. Neben dem Exportverbot hatte Witty gefordert, dass Krisenländer nicht als Referenz bei der Preisbildung herangezogen werden dürften.