Während sich der SPD-Parteivorstand zum ominösen Leitantrag zur Liberalisierung des Arzneimittelvertriebs weiter in Schweigen hüllt, bezieht die Fraktion Position: „Meine Haltung ist ganz klar: Ich bin gegen Apothekenketten“, sagte Dr. Carola Reimann (SPD) gegenüber APOTHEKE ADHOC. „Und die gesamte Fachebene hat dieselbe Meinung“, betont die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Deutschen Bundestag. Reimann macht den Apothekern Mut, dass die SPD sich auch künftig für den Erhalt des Fremdbesitzverbots einsetzen werde, wenn sie 2013 an die Macht kommen sollte.
Die Sozialdemokraten hatten bei ihrem Bundesparteitag am 6. Dezember einen Leitantrag zur Gesundheitspolitik verabschiedet, in dem größere Vertriebsstrukturen im Arzneimittelvertrieb gefordert werden. Das klang nicht nur für Außenstehende so, als ob die SPD neuerdings für Apothekenketten wäre.
Reimann hatte sich deshalb nach eigenen Angaben dafür eingesetzt, die entsprechende Passage zu überarbeiten. „Weil ich befürchtete, dass diese Formulierung missverständlich ist, habe ich die Delegierten aufgefordert, einen Änderungsantrag zu unterschreiben“, so die Gesundheitsexpertin. Doch der Antrag ihrer Fraktionskollegin Dr. Marlies Volkmer (SPD) wurde dem Vernehmen nach beim Parteitag nicht fristgerecht eingereicht.
Die Frage nach der Urheberschaft der ursprünglichen Forderung kann auch Reimann nicht klären. Verantwortet wurde der Leitantrag formal von Generalsekretärin Andrea Nahles, die sich in diesen Themen eng mit dem gesundheitspolitischen Sprecher der SPD, Professor Dr. Karl Lauterbach, abstimmt. Aber auch der einstige Kettenbefürworter Lauterbach hat den Passus nach Auskunft seines Büroleiters nicht in den Leitantrag geschrieben.
Reimann hatte auch Lauterbachs frühere Aussagen im vergangenen Jahr als Einzelmeinung abgetan. Nach wie vor ist die Abgeordnete überzeugt, dass eine breite Mehrheit in der SPD für das Fremdbesitzverbot ist: „Die Haltung der Bundestagsfraktion ist auf jeden Fall, dass wir keine Apothekenketten und keine Konzentration im Markt wollen.“
Reimann war zuletzt zu Besuch in Schweden, wo sie sich über die Folgen der Liberalisierung informiert hat. „Mir hat nicht gefallen, dass der Staat seine Apotheken an Private-Equity-Unternehmen verkauft hat“, sagt Reimann. Experten in Schweden gingen jetzt davon aus, dass vor allem wenig rentable Apotheken auf dem Land geschlossen würden, sobald die vertraglich vereinbarte Betriebsgarantie von drei Jahren abgelaufen sei. „Deswegen bin ich mit der gestärkten Erkenntnis zurückgekommen, dass das nicht der richtige Weg ist“, so Reimanns Fazit.
Wegen des Leitantrags müssen sich die Apotheken deshalb aus Sicht der SPD-Expertin keine allzu großen Sorgen machen: „Für die konkrete Ausformulierung eines Regierungsprogramms sind die Fachleute zuständig“, stellt Reimann klar. Und die Apotheker seien selbstverständlich zur Diskussion eingeladen.
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