Apotheken werden mit Retaxationen im Centbereich gegängelt, doch den Praxen scheint es nicht viel besser zu gehen. Der Virchowbund beklagt eine Flut an Prüfaufträgen – und hat eine Idee, wie man die Kassen endlich stoppen könnte.
Die Bundeshauptversammlung hat am Freitag und Samstag in Berlin zahlreiche gesundheits- und berufspolitische Fragen diskutiert und neben einem Grundsatzprogramm zur anstehenden Bundestagswahl auch Entschließungen zu vielen vielen Themen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte verabschiedet.
So wurde ein Aufruf an alle Ärztinnen und Ärzte verabschiedet, „jedem Prüfantrag der Krankenkassen grundsätzlich zu widersprechen“. Zur Begründung heißt es: „Da dadurch das Erstellen und Verschicken von Prüfanträgen für die Krankenkassen kostspielig wird, kann mit dieser einfachen Maßnahme der Flut von Prüfanträgen Einhalt geboten werden.“
Etwas versöhnlicher klingt die Forderung nach Einführung einer Bagatellgrenze: Konkret fordert der Virchowbund eine Geringfügigkeitsgrenze von 300 Euro bei Individualregressen. „Dabei muss bezüglich der Mindestgrenze Bezug auf das Abrechnungsquartal und auf den jeweiligen Arzt, nicht aber auf die Betriebsstätte, genommen werden.“
Ursprünglich sollte mit dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) eine Bagatellgrenze für Regresse eingeführt werden, doch mit dem Auseinanderbrechen der Ampel ist auch dies in die Ferne gerückt.
Die Bundesärztekammer (BÄK) wird aufgefordert, ihr Konzept zur neuen Gebührenordnung für Ärzte dringend zu überdenken. „In Anbetracht der fehlenden Bereitschaft diverser Gesundheitsminister, sich dem Thema zuzuwenden, ist es vordringlich, dass eine neue Gebührenordnung in jedem Fall einen jährlichen Inflationsausgleich enthält. Die Bedenken der verschiedenen Berufsverbände zur neuen Gebührenordnung müssen dringend bedacht werden, bevor eine neue Gebührenordnung auf Dauer die Freiberuflichkeit gefährdet.“
Und auch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) werden aufgefordert, ihre Honorarverteilungsmaßstäbe (HVM) an die Bezahlung der Krankenkassen anzupassen. „Die fortschreitende Budgetierung und Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung macht es notwendig, dass auch die KVen ihren Beitrag leisten, dass Leistungserbringung auf das gezahlte Maß möglich wird. Nach 30 Jahren muss damit Schluss sein, dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte einen Teil ihrer Arbeit immer noch umsonst erbringen.“
Im Grundsatzprogramm wird eine Stärkung der Heilberufe gefordert: „Ein gut funktionierendes Gesundheitswesen ist existenziell für den demokratischen, solidarischen Sozialstaat. Schlechte Versorgung geht zu Lasten des Vertrauens der Menschen und ist daher auf Dauer demokratiegefährdend. Verglichen mit Subventionen in der Industriepolitik, der Verteidigung oder anderen Sozialbereichen ist das Gesundheitswesen das fiskalische Stiefkind der Politik. Daher ist es erforderlich, dass die Gesundheitspolitik neue Prioritäten bei den Ausgaben in Bund und in den Ländern setzt: Jetzt müssen Gesundheitswesen und Gesundheitsberufe stärker gefördert werden, es braucht also einen ‚White Deal‘.“
Der Virchowbund ist auch für mehr Kooperation unter den Gesundheitsberufen: „Gerade die Freien Berufe verbindet ein gemeinsames Verständnis von eigenverantwortlicher, zumeist selbstständig tätiger Leistungserbringung und sozialer Verantwortung des Berufes. Schon heute bestehen viele Felder der Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Apothekern und Zahnärzten, zumeist in indikationsbezogenem oder regionalem Zusammenhang.“
Allerdings gibt es Grenzen: „Insbesondere aufgrund der Notwendigkeit der Patientensteuerung und des zielgerichteten Einsatzes der verfügbaren Mittel, ist davon abzuraten, Teile der Labordiagnostik als Point-of-Care-Angebote in den Apotheken zu ermöglichen. Diese Schrotschuss-artige Diagnostik führt zu Doppeluntersuchungen und unnötigem Zusatzaufwand an Beratung in den Arztpraxen. Auch Prävention muss zielgerichtet erfolgen. Impfen ist Kernaufgabe aller Ärzte. Deshalb sind Apotheken der Ort für Impfaufklärung, aber nicht des Impfens.“
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