Mit manipulationssicheren Kassen und weitreichenden Kompetenzen für Steuerfahnder will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dem Steuerbetrug an Registrierkassen Einhalt gebieten. Die SPD-Bundestagsfraktion sieht im kürzlich vorgelegten Referentenentwurf allerdings nur eine „gute Diskussionsgrundlage“ und will das Gesetz erheblich nachbessern. Die Sozialdemokraten beharren auf der Einführung einer Registrierkassenpflicht. Massive Kritik an Schäubles Entwurf kommt zudem von den Insika-Entwicklern. Sie halten das Gesetz für „grundsätzlich ungeeignet“. Zudem seien im Referentenentwurf „viele Daten und Aussagen falsch und irreführend“.
Am Referentenentwurf bestehe „noch erheblicher Nachbesserungsbedarf“, kündigte der in der SPD-Fraktion zuständige Berichterstatter Andreas Schwarz gegenüber APOTHEKE ADHOC an: „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir oberhalb von 17.500 Euro Jahresumsatz eine Registrierkassenpflicht einführen müssen, um den Umsatzsteuerbetrug tatsächlich effektiv und nachhaltig bekämpfen zu können.“ Das Bundesfinanzministerium (BMF) solle sich mit den Sozialdemokraten gemeinsam „an die Seite der steuerehrlichen Unternehmer stellen und der Wettbewerbsverzerrung durch Steuerbetrug den Kampf ansagen”.
Im Sinne des „Struck‘schen Gesetzes“ werde auch dieses Gesetz das Parlament nicht so verlassen, wie von Schäuble vorgeschlagen. Schwarz: „CDU und CSU sollten deshalb die gemeinsamen Beratungen mit uns nutzen, um für mehr Steuergerechtigkeit in unserem Land zu sorgen – auch im Sinne der schwarzen Null.“
Für die ADM (Anwendervereinigung Dezentrale Mess-Systeme), eine Interessengemeinschaft der Insika-Entwickler, ist der Gesetzentwurf hingehen „grundsätzlich ungeeignet, die vom BMF selbst gesteckten Ziele zu erreichen“. Viele Daten und Aussagen im Entwurf „sind im Übrigen falsch oder irreführend“, werfen sie Schäuble vor. Der Gesetzentwurf lasse vieles im Unklaren.
Der Entwurf weise mehrere „grundsätzliche und gravierende konzeptionelle Lücken auf“. Es gebe weder eine Registrierkassenpflicht oder eine Belegpflicht, noch eine zentrale Registrierung der Sicherheitskomponenten. Jedes dieser Defizite für sich führe bereits zu erheblichen Sicherheitslücken. Eine Gewähr der Vollständigkeit der digitalen Aufzeichnungen sei damit ausgeschlossen.
Zusammenfassend sei festzustellen, dass durch das im Gesetzentwurf beschriebene Sicherungsverfahren bei deutlich höheren Kosten für alle Beteiligten der Status quo nur leicht verbessert würde. „Eine wirksame Manipulationsbekämpfung und Rechtssicherheit auf Seiten der Anwender würden jedoch nicht erreicht“, schreibt ADM in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf.
Als für einen Gesetzentwurf ungewöhnlich empfinden die Insika-Entwickler, dass sich das BMF mit Insika direkt als einziger technischer Alternative beschäftigt und dann ausdrücklich ausschließt. In der Begründung dafür werde eine Reihe von „eindeutigen Falschaussagen“ verwendet.
Das Insika-Verfahren sei auf der Grundlage eines Konzepts der deutschen Finanzbehörden von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt von 2008 bis 2012 in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Industrie entwickelt und erprobt worden. Nach erfolgreichem Projektabschluss würden das Insika-Konzept und insbesondere die daraus entstandenen technischen Verfahren vom ADM unterstützt und weiterentwickelt. Das Insika-Verfahren könne ohne Patente, Lizenzkosten oder Ähnliches genutzt werden, heißt es beim ADM.
Schäubles Entwurf sieht vor, dass Finanzbeamte auch in Apotheken unangemeldet Kassenprüfungen, Testkäufe und Observierungen vornehmen können sollen. Dabei sollen sie Geschäftsräume betreten dürfen, in Ausnahmefällen auch die privaten Wohnräume gegen den Willen des Inhabers. Wer manipuliert, muss mit 25.000 Euro Strafe rechnen – zusätzlich zu den etwaigen Steuernachzahlungen.
Mit seinem Referentenentwurf schließt sich das BMF nach einigem Zögern der Sicht der Länderfinanzminister an: Die heute bestehenden technischen Möglichkeiten zur Manipulation von digitalen Grundaufzeichnungen, wie Kassenaufzeichnungen stellten ein „ernstzunehmendes Problem für den gleichmäßigen Steuervollzug dar“, so das BMF. Auf Grund der fortschreitenden Technisierung sei es heutzutage möglich, dass digitale Grundaufzeichnungen in elektronischen Registrierkassen unerkannt gelöscht oder geändert werden könnten. Dies erfordere „die Einführung gesetzlicher Regelungen sowie technischer Maßnahmen“.
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