Die neue Bonpflicht für alle Apotheker und andere Einzelhändler tritt erst ab dem Jahr 2020 in Kraft. Ab dann müssen auch Apotheker ihren Kunden für jeden Kauf einen Bon aushändigen. Bundestag und Bundesrat haben nach langer Auseinandersetzung das Gesetz „zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“ beschlossen. Das Gesetz tritt im neuen Jahr nach der Verkündung in Kraft. In einem Extra-Paragrafen zur Änderung der Abgabenordnung ist deren in Kraft treten jedoch ab 2020 bestimmt und nicht, wie zuvor berichtet, auch bereits 2017.
Die Bundesregierung will mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen Umsatzsteuerbetrug durch Tricks an elektronischen Registrierkassen stärker bekämpfen. Der Gesetzentwurf sieht für die verschiedenen Regelungen unterschiedliche Übergangsfristen vor.
Mit der Einführung der Bonpflicht konnte sich die SPD doch noch in einem wichtigen Punkt gegen die Union durchsetzen. Nach langem Ringen gaben CDU und CSU nach. Nicht durchsetzen konnte sich die SPD hingegen mit der Forderung nach einer allgemeinen Kassenpflicht. Der Verkauf von Waren „an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen“ etwa auf Wochenmärkten, Sportveranstaltungen oder Volksfesten soll weiter mit einer offenen Ladenkasse sowie ohne Bon-Pflicht erfolgen können.
Ältere, nicht nachrüstbare Registrierkassen dürfen zudem bis Ende 2022 weiter betrieben werden. Neu angeschaffte Geräte müssen demnach von 2020 an über eine manipulationssichere technische Sicherheitseinrichtung verfügen, die mit dem ersten Tastendruck alle Eingaben in das System unveränderlich und verschlüsselt erfasst.
Seit mehr als zehn Jahren mahnt der Bundesrechnungshof (BRH) Maßnahmen an, um Steuerbetrug mit Mogelkassen in Läden oder Kneipen einen Riegel vorzuschieben. Und seit mehr als zwei Jahren suchen Bund und Länder nach einer Lösung. Laut Schätzungen führen Manipulationen mit elektronischen Kassensystemen und Zappern zu Steuerausfällen von zehn Milliarden Euro.
Mit der neuen Bonpflicht müssen die Betriebe für alle Bargeldgeschäfte unaufgefordert einen Beleg an ihre Kunden aushändigen. Das gilt ab 2020 auch in Apotheken für alle OTC- und Freiwahlverkäufe. Nach dem Gesetzentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll Ladenkassenbetrug von 2020 an mit einer neuen Sicherheitstechnik eingedämmt werden. Ladenbesitzer mit elektronischen Registrierkassen oder Aufzeichnungssystemen müssen künftig über eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung verfügen. Der Gesetzentwurf schreibt dafür keine bestimmte Technik vor.
Finanzbeamte dürfen in Apotheken unangemeldete Kassenprüfungen, eine sogenannte „Kassennachschau“ durchführen. Das Bundesfinanzministerium (BMF) geht dabei von einer durchschnittlichen Dauer von 30 Minuten aus. Die Kassennachschau wird anders als Außenprüfungen nicht angekündigt und kann laut Gesetzentwurf „von unterschiedlicher Tiefe und Dauer“ sein. Schäubles Gesetz sieht bei „dringenden Gefahren“ auch Durchsuchungen von Privatwohnungen von Steuerpflichtigen vor.
Mit unangekündigten Prüfungen soll für Steuerbetrüger das Entdeckungsrisiko steigen. Sofern ein Anlass zu Beanstandungen der Kassenaufzeichnungen, -buchungen oder der technischen Sicherheitseinrichtung besteht, kann der Finanzbeamte ohne vorherige Prüfungsanordnung zur Außenprüfung übergehen. Die neue Kassennachschau ist das zentrale Kontrollinstrument in Schäubles Plan.
Liegen die Prüfunterlagen beim Steuerpflichtigen nicht vor, so können die Finanzbeamten die Kassennachschau auch beim Steuerberater oder anderen Personen vornehmen. Dazu müssen sie sich aber anmelden. Wer Belege fälscht, falsche Belege verkauft oder keine manipulationssichere Kassen einsetzt, kann mit Bußgeldern zwischen 5000 und 25.000 Euro bestraft werden.
Die Bundesregierung beziffert die Umrüstkosten für Betriebe auf etwa 900 Millionen Euro. Die Verbände sehen einen doppelt so hohen Aufwand. Nach Schätzungen des BMF müssen insgesamt 2,1 Millionen elektronische Kassen auf das neue Anti-Manipulationssystem umgestellt werden. 700.000 Kassen könnten aufgerüstet werden, 1,4 Millionen ältere Kassen müssten ausgetauscht werden.
Die ABDA sieht im Registrierkassengesetz einen Eingriff in die geschützte Schweigepflicht, insbesondere wenn sich ein Bezug zwischen Patienten und Medikation herstellen lässt. Sofern der Finanzverwaltung umfassende Zugriff auf die digitale Buchführung ermöglicht werde, müssten „die steuerrechtlichen Regelungen allerdings mit Augenmaß erfolgen“ und insbesondere die Besonderheiten der apothekerlichen Berufsausübung und der damit verbundenen Schweigepflichten berücksichtigen, „durch die das Vertrauensverhältnis der Patienten zum Apotheker und seinem Personal geschützt werden“, schrieb die ABDA in einer Stellungnahme.
Von den „weitreichenden Zugriffsrechte der Finanzverwaltung“ würden zum Teil Daten erfasst, die der strafrechtlich geschützten Schweigepflicht des Apothekers unterlägen. Insbesondere die Kombination der Angaben des Patienten und der gelieferten Arzneimittel oder Medizinprodukte sei von der apothekerlichen Schweigepflicht erfasst, so die ABDA.
Probleme hat die ABDA mit der neuen Kassennachschau, die unangekündigt und außerhalb von Außenprüfungen erfolgen kann und eine Prüfung der zu protokollierenden Grundaufzeichnungen vorsieht. Der Schweigepflicht unterworfene Apotheker könnten durch organisatorische Maßnahmen die steuerliche Auskunftspflicht und die strafrechtliche Schweigepflicht nicht miteinander vereinbaren, wie es seitens der Rechtsprechung für die Außenprüfung gefordert werde.
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